AUSZĂGE
Mannheimer Morgen, 11.05.2015
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.05.2015
Mannheimer Morgen, 16.02.2015
Theater der Zeit, 11/2014
Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014
Feuilleton Ruprecht Heidelberger Studentenzeitung, 26.07.2014
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.07.2014
Cuxhavener Nachrichten, 24.05.2014
nachtkritik.de, 18.04.2014
Stefan Benz, ECHO, 23. April 2014
Die Welt, 19.01.2013 zu âFukushima, my loveâ
Rhein-Neckar-Zeitung, 04.10.2013
Now!Out,10.06.2013
Hamburger Abendblatt, 19.01.2013
Mainzer-Rhein-Zeitung, 23.09.2012
Hamburger Abendblatt, 12.09.2012
Michael Laages, 20.02.12, Jury-Entscheidung zum Körber Studio Junge Regie 2012
www.hamburgtheater.de, 20.02.12
Die Welt, 05.04.12
Hamburger Abendblatt, 07.04.12
Neue OsnabrĂŒcker Zeitung, 3.11.2011
Hamburger Abendblatt, 04.04.2011
nachtkritik.de, 12. Juli 2010
körber studio junge regie textversion, 20. MÀrz 2010
RADIO-Interviews
Deutschlandradio Kultur, 12.07.2014
SĂŒdwestrundfunk
Deutschlandradio Kultur, 20.01.2013
Deutschlandradio Kultur, 30.03.2012
PRINTMEDIEN
CONVERSION / NACH AFGHANISTAN
CONVERSION
DIE GROSSE ZOOLOGISCHE PANDEMIE
FUKUSHIMA, MY LOVE
DIE GROSSE ZOOLOGISCHE PANDEMIE (Werkstattinszenierung)
HERZ DER FINSTERNIS
ARCHE.ZONE – CHERKIZOV REVISITED
KOHLHAAS. FREI NACH KLEIST.
HUNDEGRAB
DAS ERBEBEN IN CHILI ODER DIE STUTTHOF-HĂFTLINGE
MOTORTOWN ODER HEIMKEHR
FAUST II – ENDE
KHARKIV CALLING
November 2023
Es sind einfĂŒhlsame, genaue Schilderungen eines Lebens im alltĂ€glichen Ausnahmezustand. (…) Direkt sprechen die Frauen und zugleich lassen die mehrminĂŒtigen, ruhigen Filme Raum fĂŒr Ambivalenzen.
âšElena Philipp, 10.11.2023, Berliner Morgenpost
Die junge Schauspielerin Anna Mrachkovska (âŠ) erzĂ€hlt von ihren Gewissensbissen, das Land verlassen zu haben, von ihrer Mutter, die sie beim Abschied als âVerrĂ€terin” beschimpfte. Mrachkovska liefert eine sehr brĂŒchige, fragile und in sich zum Teil widersprĂŒchliche Rahmung der (Video-)Interviews. Gerade diese FragilitĂ€t ist aber eine StĂ€rke. Sie stellt NĂ€he her und eröffnet den Blick auf die Kriegsfolgen jenseits der Schlagzeilen, groĂen ErzĂ€hlungen und auf den Schockreiz setzenden Bilder.
Tom Mustroph, 14.11.2023, TAZ
Eine Fluchtgeschichte und gleichzeitig eine Emanzipationsgeschichte, denn sie ging gegen den Willen ihrer Eltern ins Exil, um hier mit ihrer Partnerin zusammenzuleben. (âŠ) trotz ihrer Skizzenhaftigkeit öffnet auch diese Arbeit zumindest eine Ahnung der unterschiedlichen Lebensentscheidungen, die man im Krieg treffen kann â und ermöglicht also eine weitere Begegnung mit dem âAnderenâ. âŠein gewichtiges Thema, ⊠und interessantes Videomaterial.”
Sophie Diesselhorst, 10.11.2023, Nachtkritik
INDEPENDENCE
Januar 2023
Indem er UnabhĂ€ngigkeit auf drei Ebenen, der persönlichen, der politischen und der symbolischen auf der TheaterbĂŒhne durchspielt, entwickelt der Film einen ungeheuren Sog und wirkt dadurch unangestrengt und unmittelbar.
Jury-BegrĂŒndung, Bester Dokumentarfilm im Preis der Filmkritik, Filmfestival Max OphĂŒls Preis 2023
Der Preis fĂŒr die Beste Musik im Dokumentarfilm geht an einen Film, der uns in GĂ€nze ĂŒberzeugt und begeistert hat. Die Musik- und Tonebene liefert einen auĂerordentlichen Beitrag zur Poesie und Strahlkraft dieses rundum starken Werkes, das ein an sich abstraktes Thema mit Leben und Emotionen fĂŒllt: Regisseur und Autor Felix Meyer-Christian und Komponist Marcus Thomas bringen uns in INDEPENDENCE die psychische und physische Wucht von IdentitĂ€ts- und UnabhĂ€ngigkeitsfragen nahe.
Jury-BegrĂŒndung, Beste Musik in einem Dokumentarfilm, Filmfestival Max OphĂŒls Preis 2023
Dieser Parforceritt hĂ€tte leicht misslingen können, doch durch die bedachte Auswahl an Orten und GesprĂ€chspartner:innen sowie Helen Wendts kluge Gedanken und Fragen aus dem Off entsteht ein gleichermaĂen vielschichtiges wie erhellendes Mosaik, ein kurzweiliger filmischer Essay. Tagesspiegel Berlin, Kaspar Heinrich, 29.01.2023
Rundum gelungen ist Independence von Felix Meyer-Christian, der sich in seinem multimedialen Projekt auf die Suche nach einer Definition dieses oft benutzten, aber nie eindeutig definierten Begriffs begibt.
Black Box â Filmpolitischer Informationsdienst, Ulrich Sonnenschein, MĂ€rz 2023
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APPETIT
Februar 2022
Wie sehr wir alle uns der industriellen Landwirtschaft ausgeliefert haben, beschĂ€ftigt die (Costa Compagnie an der) Dresdner BĂŒrgerbĂŒhne. In ihrer Recherche-Performance verzichten sie dabei auf jeden verdauungspĂ€dagogischen Zeigefinger. (…) Man möchte aber diese unpolemische Arbeit nicht auf Dokumentarisches reduzieren. DafĂŒr ist sie zu sinnlich und atmosphĂ€risch angelegt.
Nachtkritik, 25.02.2022
EMPIRE OF OIL 1-3
Mai 2018
âEmpire of Oilâ zĂ€hlt, im Gelingen wie im Scheitern, zu den interessantesten Freie-Szene-Produktionen der jĂŒngeren Vergangenheit. Besonders der erste Teil, âA Research in 360°â, fĂ€chert ein bemerkenswertes Panorama auf. Der Dokumentarfilm wird auf eine Leinwand projiziert, von der die Zuschauer umschlossen sind.
Tagesspiegel Berlin, 26. Mai 2018
Es sind beeindruckende Bilder, die einen mit âThe Underground Frontierâ im Ballhaus Ost umschlieĂen: Aufnahmen aus der Luft ĂŒber arktischen GewĂ€ssern oder mitten zwischen Menschen auf einer StraĂe in Mossul. Dazu ertönen lang anhaltende, dunkle KlĂ€nge, die einen noch stĂ€rker in die Umgebung hineinziehen. Manchmal wirkt dieses immersive BĂŒhnengeschehen bedrohlich, dann wieder mystisch, gar magisch.
TAZ, 03.02.2018
Ein durchaus auch Ă€sthetisch ĂŒberzeugender Beitrag zur kollektiven Erinnerung der Geschichte um das globale Reich des Ăls und seine wirtschaftlichen wie ökologischen Folgen. (…) Besser lĂ€sst sich die BilateralitĂ€t von Mensch und Natur wohl nicht darstellen.
DER FREITAG, online 31.05.2018
“Die Aussagen der etwa zwei Dutzend Personen werden eingebettet in opulente 360-Grad-Filme, die in einem Rundhorizont im Ballhaus Ost zu sehen sind. Die Filme, teils Drohnenaufnahmen, teils statisch aufgenommen, zeigen BohrtĂŒrme in arktischen GewĂ€ssern und im vom Krieg zerstörten Nordirak.”
ZITTY Berlin, 22. November 2017
“Das nĂ€chste StĂŒck handelt ĂŒbrigens von der zunehmenden Faschistisierung des politischen Klimas. Trump, AfD und Co. Wieder wird die costa compagnie recherchieren, dicht am Material bleiben und gleichzeitig nach einer neuen choreographischen Form suchen. Denn unsere RealitĂ€t ist viel zu komplex, um sie zu verallgemeinern.”
BLOG – Performing Arts Festival Berlin 2017
“Sie interviewten Soldaten, Zivilisten, Taliban-Fans und emanzipierte Aktivistinnen, filmten ihren Anflug auf staubige HĂ€userreihen, spielende Kinder auf weiten PlĂ€tzen, friedliches Brotbacken zu heiterer orientalischer Musik oder bedeutungsschwangerem Elektro. Heraus kommt: Erstaunliches. WidersprĂŒchliches. Hoffnungsvolles. Flehendes.”
Theater Heute, August 2016
âDamit nĂ€hert sich âConversion / Nach Afghanistanâ mit einer tiefgrĂŒndigen Inszenierung kĂŒnstlerisch komplexen LebensrealitĂ€ten an und animiert zum Nachdenken.â
ORF (Ăsterreichischer Rundfunk), 09.04.2016
“In eindrucksvollen Bild-, Sound- und Tanzkompositionen, arrangiert mit intelligent montiertem Text aus dokumentarischen und essayistischen Anteilen, gelingt es der Performance-Gruppe âCosta Compagnieâ, sich mit kĂŒnstlerischen Mitteln Erfahrungen einer heterogenen afghanischen Gegenwart anzueignen, sie in einen politischen wie auch emotionalen Kontext zu ĂŒbersetzen und bei aller BestĂŒrzung, einen Hoffnungsschimmer aufblitzen zu lassen.”
Theaterpur.net, 30.06.2016
“… die Truppe macht zuletzt auch ihre eigene Rolle zum Thema. Können und dĂŒrfen westliche KĂŒnstler fĂŒr die Menschen Afghanistans sprechen, ohne dabei deren Stimmen zu verfĂ€lschen oder in Moral-Kitsch oder in Kunst-Kolonialismus abzugleiten? Auf fantastische und smarte, wenn auch teilweise ausufernde Weise wird so die Vielstimmigkeit und WidersprĂŒchlichkeit im Umgang mit sogenannten Krisengebieten unmittelbar erfahrbar!”
Kronenzeitung, 09.04.2016
»Start Cooking ⊠Recipe will follow«, hat der  »Impulse Theater Festival 2016«-Leiter Florian Malzacher seinem Festival als Jahrgangs-Motto verpasst. Was in etwa auch der Leitspruch des Einsatzes der Amerikaner und Deutschen in Afghanistan war. Kurz vor Ende der ISAF-Mission sind die KĂŒnstler der Costa-Compagnie unter FĂŒhrung von Felix Meyer-Christian noch mal an den Hindukush gereist, um zu schauen, welche Freiheit da genau verteidigt wurde. Mit Soldaten haben sie gesprochen, mit Zivilisten, mit Taliban-Fans und emanzipierten Frauen. Entstanden ist aus der Recherche die kluge Performance »Conversion / Nach Afghanistan«. Ein Mix aus Videoimpressionen, Tanzpassagen und Dokutheater. Im Satz eines interviewten Befehlshabers, wonach die »Freund-Feind-Kennung« vor Ort verloren gegangen sei, ist dabei ziemlich prĂ€zise der Status quo der militĂ€risch-moralischen Orientierungslosigkeit zusammengefasst. Noch ein KriegsstĂŒck, das ohne Didaktik ĂŒberzeugt.”
www.kulturwest.de, 15.06.2016
“(…) unter all den gelisteten VorschlĂ€gen fĂŒr Theaterbesuche auch eine Produktion war, die eben jener Frage nach Kunst, Politik und Handeln tiefgrĂŒndig, mutig und gleichzeitig erfrischend offen am allerkonkretesten nachging, wie es vorher so noch nicht gesehen wurde: âConversion â Nach Afghanistanâ am völlig ĂŒberfĂŒllten Ballhaus Ost von der freien Gruppe Costa Compagnie. (…)
Die Gruppe selbst bleibt dabei nicht neutral und verweist nach einer klaren Benennung der Problematiken im Land und der WidersprĂŒche des Westens in ihrem Abschlusstext auf die UngĂŒltigkeit einer kapitalistischen Kosten-Nutzen-Rechnung im Kriegsgebiet und fordert ganz utopisch âpolyphone Prinzipienâ und eine Neuausrichtung des Denkens innerhalb der eigenen Bewertung, um parallel sehr real-politisch ein Ende der Gewalt einzufordern â âmit welchen Mitteln auch immerâ. Wer etwas dringliches von der Welt erfahren will und mehr auf “Artâ statt auf âArtivismâ setzt, muss diesen Abend gesehen haben.”
www.nachtkritik.de / leserkritiken, 30.01.2016
âDie Costa Compagnie versucht nicht, als WelterklĂ€rer aufzutreten. Sie dokumentiert mit kĂŒnstlerischen Mitteln wirkungsmĂ€chtig das Kaleidoskop einer heterogenen afghanischen Gegenwart auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Eine bemerkenswerte Leistung.â
âKritiker(innen) des herkömmlichen Frauenbilds in Afghanistan kommen ebenso zu Wort wie BefĂŒrworter der Taliban und der Scharia, Soldaten der Isaf-Truppen ebenso wie Zivilisten. In leidenschaftlichen Tanzsequenzen ahnt man traumatische Erlebnisse. (…) Etwas erschlagen entlĂ€sst einen diese Inszenierung, bei der im dichten KnĂ€uel der atemlos einander abwechselnden Szenen und Fragmente die Orientierung bisweilen verloren geht. Dennoch: Ăberdeutlich und eindrucksvoll artikuliert sich am Ende die sorgenvolle Frage: Afghanistan, quo vadis? Es gelingen packende Bilder und eindringliche Momente, vor allem im Tanz, fĂŒr die dem Hamburg-Heidelberger Ensemble Lob gebĂŒhrt. Das Publikum zeigte sich mit langem, herzlichem Beifall sehr angetan.â
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.05.2015
Bei “Traces of Afghanistan” fĂŒgen sich nun ErzĂ€hlberichte, Film, Toneinspielungen, Interview-LeseauszĂŒge und Tanz zu einem differenzierten, multiperspektivischen Performance-Mosaik aus Gegenwartsanalyse und gegenseitiger Wahrnehmung zusammen, das einen mit Spannung auf die ErgebnisprĂ€sentation am 8. Mai warten lĂ€sst.
â…â60 secondsâ gehört â neben dem bereits im Juni uraufgefĂŒhrten, auf Interviews basierenden visuellen Raumessay CONVERSION_1 der costa compagnie â zum EindrĂŒcklichsten des Gesamtparcours (Festival Born-with-the-USA).â
âEine der ungewöhnlichsten Theaterproduktionen der letzten Jahre.â
Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014
âDie AuffĂŒhrung bietet insgesamt eine atemberaubende Mischung aus Tanz, Musik und Video.â
Feuilleton Ruprecht Heidelberger Studentenzeitung, 26.07.2014Â
â…das Endergebnis – eine “Chogeographie” – schreitet geographische und zeitliche RĂ€ume ab, immer auf der Suche nach der erlebten Erinnerung, die fĂŒr den Einzelnen die Wirklichkeit darstellt. Kann man aus der Vergangenheit ĂŒberhaupt Erkenntnisse fĂŒr die Zukunft ziehen? Oder wiederholt sich Geschichte ohnehin nie? Die Costa Compagnie stellt diese Fragen sehr deutlich und zeigt in vielen Sequenzen, dass es ‘die’ historische Wirklichkeit, geschweige denn eine dokumentierte Wahrheit, nicht gibt. Der KĂŒnstlerische Leiter Felix Meyer-Christian setzt die Mitglieder der Costa Compagnie eindrucksvoll in Szene, besonders die Tanz-Szenen zeugen von groĂer ProfessionalitĂ€t.â
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.07.2014
âDie KĂŒnstlergruppe costa compagnie entwickelte in einer zehntĂ€gigen Arbeitsphase (und 6-wöchigen Residency) im Hafenbahnhof und im Steubenhöft im Auftrag des Kunstvereins Einzelarbeiten und eine Sequenz von Performances, die sich unter anderem mit der Raketenforschung Cuxhavens, Beiruts und Cape Canaverals beschĂ€ftigte. Letzteres konnten die Besucher der Aktion eindrucksvoll im Kuppelsaal der HAPAG-Halle nachvollziehen, wo drei Videos aus diesen Orten gegenĂŒbergestellt wurden. Eingesprochene Live-Texte auf Deutsch und Englisch ermöglichten einen Zugang.â
Cuxhavener Nachrichten, 24.05.2014
âDer Abend ,Die groĂe zoologische Pandemieâ besticht auf jeden Fall immer wieder mit seiner unbĂ€ndigen Unterhaltsamkeit, die den unterschiedlichen Temperaturen des Textes gerecht wird und gleichzeitig ĂŒber die Vorlage hinausweist. Dabei gebiert die Inszenierung ganz eigene Bilderwelten, die zwischen Wirklichkeit und Traum delirieren.â
âEr [Felix Meyer-Christian] nimmt die Vorlage als Sprachpartitur und lĂ€sst das Ensemble damit regelrecht rocken. (…) Was Nora Decker, Mathias Spaan und Stefan Graf an Kabarett, Clownerie und Zirkusartistik auffĂŒhren, ist mitreiĂend â eine Power-Performance, bei der selbst verschwurbelte Gedanken mit enormer Dringlichkeit dargeboten werden.â
Stefan Benz, ECHO, 23. April 2014
âDiese Performance erhellt den Schatten, den sie vorauswirft.â
Die Welt, 19.01.2013 zu âFukushima, my loveâ
âUnfassbar und unsichtbar bleibt die verheerende Strahlung letztlich auch an diesem knapp zweistĂŒndigen Abend. Aber die zeitarchĂ€ologische AnnĂ€herung an den glĂŒhenden Kern der Katastrophe durch die Hamburger GĂ€ste sorgte doch fĂŒr eine ganz erhebliche Sensibilisierung hinsichtlich der fatalen Konsequenzen.â
Rhein-Neckar-Zeitung, 04.10.2013
âFukushima, my love vermittelt kunstvoll Wissen, GefĂŒhl und VerstĂ€ndnis zu Fukushima und der japanischen Kultur.â
âDie japanischen Studenten unterstĂŒtzten Meyer-Christian bei seiner Recherche. Eine Studentin dolmetschte, denn auf dem Land, auch im Gebiet in der 20-Kilometer-Sperrzone um die Reaktoren herum, spricht kaum jemand Englisch oder gar Deutsch.â
Hamburger Abendblatt, 19.01.2013
âDie groĂe zoologische Pandemieâ ist in etwa so, wie sich der Laie “modernes Theater” vorstellt: Bunt, laut, bruchstĂŒckhaft und undurchschaubar, aber nichtsdestotrotz ein HeidenspaĂ.â
Mainzer-Rhein-Zeitung, 23.09.2012
âFelix Meyer-Christian packt am konzessionslosen Abend, Ă€hnlich seinen anderen historisch-kritischen Recherchen, ein verdrĂ€ngtes heiĂes Thema an. Und baut – mit gedanklicher SchĂ€rfe und kĂŒnstlerischer WiderstĂ€ndigkeit – eine artistische Stromschnelle in den sich konsumfreundlich und trĂ€ge dahinwĂ€lzenden Theater-Mainstream.â
Hamburger Abendblatt, 12.09.2012
“Das ist ein durchweg starker Zugriff auf Kohlhaas und Kleist mit den Mitteln des Theaters.”
Michael Laages, 20.02.12, Jury-Entscheidung zum Körber Studio Junge Regie 2012 ^
“In Zeiten arabischer Revolutionen, Occupy-Bewegung und Demonstrationen in EU-Staaten ist der freien Gruppe Costa Compagnie ein aktueller Beitrag von inhaltlicher und kĂŒnstlerischer Brisanz gelungen.”
www.hamburgtheater.de, 20.02.12
“Ăberzeugend auch “Kohlhaas. Frei nach Kleist” von Felix Meyer-Christian von der Hamburger Theaterakademie, der zeigte, dass ein sorgsam karges BĂŒhnenbild wahre Wunder wirken kann, wenn einer es versteht, seine Spieler zu leiten – und umgekehrt.”
“Eine reife und heutig reflektierte Interpretation des Novellenstoffs von Felix Meyer-Christian von der Hamburger Theaterakademie.”
Hamburger Abendblatt, 07.04.12
âRegisseur Felix Meyer-Christian verschafft ein intensives Theatererlebnis. (…) Das alles ist zum Weinen traurig und doch beglĂŒckend, weil dieses StĂŒck so gelungen ist.â
Neue OsnabrĂŒcker Zeitung, 3.11.2011
âDer gewagte Versuch, die Katastrophen und glĂŒcklichen ZufĂ€lle von 1645 in Kleists “Erdbeben”-Novelle in dem tatsĂ€chlichen Exodus der KZ-HĂ€ftlinge von Stutthof nach Neustadt von 1945 zu spiegeln, ging ĂŒberraschend gut auf. (…)Bewegend, ohne Pathos, fallen Fakten und Fiktion in diesem Requiem mit Gesang ineinander. Ein starker Finale-Schlusspunkt.â
Hamburger Abendblatt, 04.04.2011
âAls Danny (…) in seiner Verzweiflung BĂŒhnenaufbau und Vorhang niederreiĂt und dahinter doch nur ein gröĂeres GefĂ€ngnis vorfindet, ist das in seiner Klarheit ein so unsagbar starker Moment, wie er nur aus planvoller Reduktion resultieren kann.â
âDer Mut und das Geschick, mit dem sie (…) durch solche Zitate den Faust II ins Jetzt hieven und dabei verschiedenen SpielĂ€sthetiken und Genres zur Collage ineinander flieĂen lassen, ohne sich dabei im Weg zu stehen, macht SpaĂ und gespannt auf weitere spĂ€te NĂ€chte.â
körber studio junge regie textversion, 20. MÀrz 2010
RADIO-Interviews
Deutschlandradio Kultur
Rang 1 â Theatermagazin
21. August 2021
âMilitĂ€risches Scheitern in Afghanistan war absehbarâ
Das KĂŒnstlerkollektiv âCosta Compagnieâ hat 2014 Menschen in Afghanistan interviewt. Daraus wurde ein StĂŒck, das im Oktober erneut gespielt wird â mit aktuellem Bezug. Der Leiter der Kompanie ist von der Taliban-MachtĂŒbernahme nicht ĂŒberrascht.
Deutschlandradio Kultur
Kompressor vom 02.05.2018
Kunstprojekt auf der re:publica18 – Was die Erdölförderung ausmacht
Deutschlandradio Kultur
Rang 1 â Theatermagazin
12.07.2014
Ăber CONVERSION 1 â Eine deutsch-amerikanische Chogeographie
http://www.deutschlandradiokultur.de/theater-intendanzen-ueberall-neustarts.2159.de.html?dram:article_id=291495Â
SĂŒdwestrundfunk
SWR2 am Morgen
Zu CONVERSION_1: ArchÀologie der Gegenwart
http://swrmediathek.de/suche.htm?econt=conversiÂ
Deutschlandradio Kultur
Radiofeuilleton â BĂŒhne
20.01.2013
Zu FUKUSHIMA, MY LOVE
http://www.youtube.com/watch?v=aAvBUAb-EoQÂ
Deutschlandradio Kultur
Radiofeuilleton â BĂŒhne
30.03.2012
Zu Kohlhaas. Frei nach Kleist.:
http://journalismus-mhmk.de/digger/koerber-studio-abendessen-felix-meyer-christian/Â
PRINT- und ONLINE-MEDIEN
Produktion: KHARKIV CALLING
Tourette und Kriegsalltag auf dem Monologfestival
Mit zwei Solo-StĂŒcken von Rimini Protokoll und Costa Compagnie startet am TD Berlin das siebte Monologfestival.
Elena Philipp, 10.11.2023, Berliner Morgenpost
Berlin. Wie fĂŒhrt ein Weg vom Ich zum Wir? Diese Frage stellt der TD, vormals Theaterdiscounter, alle zwei Jahre mit seinem Monologfestival. Bis zu zehn kurze Soli werden beauftragt, eigens fĂŒr das zehntĂ€gige Event. Zur Eröffnung der siebten Ausgabe geben sich zwei Lokalmatadore aus der Freien Szene die Ehre: Rimini Protokoll und die Costa Compagnie.
(âŠ) Eine gelungene Kurzversion des 2020 zum Theatertreffen eingeladenen Originals. Nur wer Neues erwartet hat, wird enttĂ€uscht. Innovation ist das âhöher, schneller, weiterâ der Performancekunst, daher muss man diesen MaĂstab gar nicht anlegen. Untauglich ist er auch beim zweiten EröffungsstĂŒck,âKharkiv Callingâ der Costa Compagnie. Die Lebensgeschichte der Performerin, der 20-jĂ€hrigen Schauspielstudentin Anna Mrachkovska, bildet den Rahmen fĂŒr vier Interview-Filme mit ukrainischen Frauen, die ihre Familien verlassen haben, um im Krieg zu dienen. Felix Meyer-Christian hat die dokumentarischen Filme vor Ort mit dem Kameramann Thomas Oswald aufgenommen.
Es sind einfĂŒhlsame, genaue Schilderungen eines Lebens im alltĂ€glichen Ausnahmezustand. Die Presseoffizierin Oksana erzĂ€hlt, dass sie sich von ihren Kindern vielleicht fĂŒr immer verabschiedet hat. Der Menschenrechts-AnwĂ€ltin und Drohnenpilotin Zhenya blitzt der Hass aus den Augen, wenn sie versichert, jeden russischen KĂ€mpfer, der ihr begegnet, umzubringen â ohne Prozess, ohne Tribunal. Die Waffen des Rechtsstaats haben versagt, jetzt herrscht Selbstjustiz. Zum Töten gezwungen hĂ€tten sie allerdings die Russen, erklĂ€rt Helena, die als Mitglied der Nationalgarde Feinde tötet, aber nicht gerne darĂŒber sprechen möchte. Zu groĂ ist die BĂŒrde.
Direkt sprechen die Frauen und zugleich lassen die mehrminĂŒtigen, ruhigen Filme Raum fĂŒr Ambivalenzen. Einmal erzĂ€hlt Anna Mrachkovska von ihrer Flucht nach Berlin, die zur Entfremdung von ihrer Familie fĂŒhrte. âVerrĂ€terinâ schleuderte ihre Mutter ihr beim Abschied entgegen. Und dann hört man Tatjana, die sagt, nach Berlin könne man ja in den Urlaub fahren. Wer etwas auf sich hĂ€lt, bleibt, um das eigene Land zu verteidigen.
Wer gegangen ist, muss sich vor dem ukrainischen Volk verantworten: Ihre Performance sei eine Dankesgeste, sagt Mrachkovska, und positioniert sich damit, wie viele KĂŒnstler, im Einsatz an der âKunstfrontâ. Detailreich und etwas lĂ€nglich, aber in seiner Konkretheit so anschaulich ist âKharkiv Callingâ, dass man auch ĂŒber eineinhalb Stunden dranbleibt. Danach gehtâs ab in die Berliner Nacht, um der Spree in Freude ĂŒber ein Leben in Frieden und Freiheit einmal laut âdu nautische Nussâ zuzurufen.
Frauen an der Front
In âKharkiv Calling” der Berliner Costa Compagnie erzĂ€hlen Ukrainerinnen davon, selbst in den Krieg zu ziehen
Von Tom Mustroph
Soldatinnen im Zweiten Weltkrieg hat Swetlana Alexijewitsch mit ihrem Buch âDer Krieg hat kein weibliches Gesicht” ein erschĂŒtterndes Denkmal gesetzt. Dem fĂŒgt die Berliner Theatergruppe Costa Compagnie nun ein neues Kapitel hinzu. Im ukrainischen Kharkiv interviewte die Gruppe im August 2022 vier ukrainische Frauen, die an die Front gingen. Sie kĂ€mpfen gegen die Nachfolgeorganisation derjenigen Armee, zu der Alexijewitschs Interviewpartnerinnen einmal gehörten. Wer heute Aggressor ist, war vor 80 Jahren noch Verteidiger, eine zynische Volte der Geschichte.
Erste der Verteidigerinnen von heute ist Oksana. Kurze blond gefĂ€rbte Haare trĂ€gt sie. Ihr Gesicht blickt energisch von der Videowand. Mann und Kinder schickte sie in den ersten Kriegstagen in die Sicherheit ins Ausland. âEin Gender-Swap”, sagt sie trocken. Jetzt sieht man sie in Uniform an Hausfassaden vorbeilaufen, die schwarz gefĂ€rbt sind vom Feuer und aus denen Granaten groĂe StĂŒcke herausgerissen haben. Oksana arbeitet als Presseoffizierin der Armee, sorgt dafĂŒr, dass der Krieg ein Gesicht hat, ein mĂ€nnliches zumeist.Â
Denn den Kampf bestreiten vornehmlich die MĂ€nner. Das wird aus den Interviews auch klar.Â
Eine die selbst kĂ€mpft, ist Zhenya. Sie steuert AufklĂ€rungsdrohnen, spĂ€ht Stellungen der Gegner aus, um sie zu töten. Sie war im Zivilberuf MenschenrechtsanwĂ€ltin, verteidigte Opfer von Polizeigewalt und brachte, wie sie erzĂ€hlt, FĂ€lle bis vor den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Jetzt sagt Zhenya, dass sie auf den Strafgerichtshof gut verzichten kann und russische Soldaten, denen sie Verbrechen nachweisen kann, am liebsten höchst selbst tötet.Â
Sie hat von all den Protagonistinnen den radikalsten Wandel vollzogen. Als Verteidigerin der Schwachen bleibt sie sich aber auch selbst treu. Es berĂŒhrt und schmerzt, macht zornig und tieftraurig, dass diese Zhenya sogar bei ihren hĂ€rtesten Aussagen noch immer nachdenklich wirkt, regelrecht durchlĂ€ssig. An ihrem groĂ auf die Wand projizierten Gesicht kann man ablesen, was Krieg auch mit denen macht, die fĂŒr eine sehr gerechte Sache ihr Leben einsetzen und das Leben anderer nehmen.
Sehr klein, nur lebensgroĂ, taucht Anna Mrachkovska vor und zwischen den Videosequenzen auf. Die junge Schauspielerin fĂŒhrt durch den Abend. Sie beginnt ihn mit einem schrĂ€gen Scherz: Was haben Berlin und ihre Heimatstadt Winnyzja gemein? Ein FĂŒhrerhauptquartier. TatsĂ€chlich errichteten vornehmlich sowjetische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter in einem Wald in der NĂ€he der Stadt eine solche Bunkeranlage fĂŒr Hitler. Sie wurden nach Fertigstellung getötet. Zum nationalsozialistischen Kolonisierungsprogramm gehörte auch die Ermordung und Vertreibung der lokalen Bevölkerung und die Ansiedlung von mehreren Tausend Deutschen in der Region. Geschichte macht schaudern.Â
Mrachkovska fĂŒgt mit eigenen biografischen Einsprengseln eine sehr zivile Dimension ein. Sie erzĂ€hlt von ihren Gewissensbissen, das Land verlassen zu haben, von ihrer Mutter, die sie beim Abschied als âVerrĂ€terin” beschimpfte. Sie erzĂ€hlt auch davon, dass ihre Eltern lange ihre lesbische Beziehung ablehnten, sie deshalb sogar die Wohnung, die extra fĂŒr sie in Kyiv gekauft wurde, verlassen musste. Erst der Krieg fĂŒhrte dazu, dass ihre Eltern zwischenzeitlich ihre Partnerin Sofia und deren Familie aufnahmen.
Mrachkovska liefert eine sehr brĂŒchige, fragile und in sich zum Teil widersprĂŒchliche Rahmung der Interviews. Gerade diese FragilitĂ€t ist aber eine StĂ€rke. Sie stellt NĂ€he her und eröffnet den Blick auf die Kriegsfolgen jenseits der Schlagzeilen, groĂen ErzĂ€hlungen und auf den Schockreiz setzenden Bilder.Â
âKharkiv Calling” beim Monolog-Festival (bis 19. Novermber) am TD Berlin.
Produktion: EMPIRE OF OIL / Part 1 â 3
Tagesspiegel, 26. Mai 2018
Ein ganz besondrer Saft
Von
Es war zu Zeiten des zweiten Golfkriegs Anfang der 90er Jahre, als man viele junge Menschen auf Demonstrationen mit Transparenten sehen konnte, die die Parole âKein Blut fĂŒr Ăl!â in die Welt riefen. Wo das schwarze Gold flieĂt, so das Diktum, geht es nicht um militĂ€rische Ziele. Sondern nur ums Geld. Zu einem Ă€hnlichen Schluss gelangt das Performance-Kollektiv Costa Compagnie in seiner Trilogie âEmpire of Oilâ â mit dem Unterschied, dass die Gruppe einen durchaus komplexeren Weg beschreitet, um das Geflecht von Bohrungen und Brandherden, von Ăkonomie und Ăkologie zu durchleuchten.
Das in Hamburg und Berlin ansĂ€ssige Kollektiv ist nach Norwegen und in den Irak gereist, um mit Menschen zu sprechen, deren Leben auf sehr verschiedene Weise von den globalen Ălspuren gezeichnet ist. Seit November vergangenen Jahres haben die KĂŒnstlerinnen und KĂŒnstler um Leiter Felix Meyer-Christian aus dem gewonnenen Material bereits einen Film und eine essayistische Performance entwickelt. Mit dem dritten Teil, einer Choreografie unter dem Titel âAn Infinite Endingâ, findet die Unternehmung jetzt im Ballhaus Ost ihren Abschluss. Wobei anlĂ€sslich der finalen Premiere die Trilogie noch einmal im Gesamten zu erleben ist.
Erfreulich, denn âEmpire of Oilâ zĂ€hlt, im Gelingen wie im Scheitern, zu den interessantesten Freie-Szene-Produktionen der jĂŒngeren Vergangenheit. Besonders der erste Teil, âA Research in 360°â, fĂ€chert ein bemerkenswertes Panorama auf. Der Dokumentarfilm wird auf eine Leinwand projiziert, von der die Zuschauer umschlossen sind. Als Inspiration diente der Rundhorizont von Hendrik Willem Mesdag von 1881, ein GemĂ€lde, das heute noch in Den Haag das 360-Grad-Erlebnis von Strand und Nordsee ermöglicht. Der Perspektivreichtum, auf den die Costa Compagnie zielt, wird so schon technisch beglaubigt. ErgĂ€nzend kann man sich, im zweiten Stock, eine 11-minĂŒtige Mittendrin-Erfahrung per Virtual-Reality-Brille verschaffen. Da steigt man die endlose Leiter auf einer Förderplattform hinab, steht neben patrouillierenden Soldaten an einer staubigen StraĂe in Mossul, blickt auf zerklĂŒftete Landschaften in einer Region, die wir den Mittleren Osten nennen.
âA Research in 360°â sucht den gröĂtmöglichen Kontrast der Regionen. In Norwegen, wo Ende der 60er Jahre jenes Ălwunder begann, das noch heute ĂŒber ein Fondssystem den Sozialstaat sichert, treffen die Costa-KĂŒnstler unter anderem den Offshore-Manager einer groĂen Ălfirma. Einen irakischen Geologen, der im hohen Norden im staatlichen Auftrag sein Förder-Knowhow eingebracht hat. Sowie eine Greenpeace-Aktivistin, die analysiert, dass sich âhinter den meisten sozialen Konflikten ein ökologischer Grundâ verberge, und die auch â gendermĂ€Ăig etwas bedauerlich â die gefĂŒhlige Seite des Umweltschutzes verkörpert, weil ihr beim Anblick von Seevögeln neben Bohrplattformen immer die TrĂ€nen kommen.
Im Irak hingegen landen die KĂŒnstler und mit ihnen die Zuschauer sogleich im Spannungsfeld der Konflikte zwischen US-Interessen, Verbrechen an der kurdischen Bevölkerung sowie den Umtrieben des IS. âIn Kirkukâ, heiĂt es einmal, âriecht es nach Ăl.â Und wo der Komplex der MachtansprĂŒche so existenzielle Dimensionen annimmt, da besitzen Fragen nach dem Klimawandel oder den Verheerungen durch Bohrungen in der Arktis wenig Relevanz.
Der zweite Teil â die Performance âUnderground Frontierâ â versucht das Thema dann in postkoloniale SphĂ€ren zu weiten, hin zu Fragen wie: Wem gehört das Land, wem der Untergrund, wer besitzt die Ressourcen? Die Performerinnen Maria Walser und Julia B. LaperriĂšre verhandeln sie vor ineinander flieĂenden Aufnahmen wiederum aus Norwegen und dem Irak, wobei anders als im Film die systemische Verbindung zwischen den beiden LĂ€ndern sehr angerissen bleibt. Klar, die Globalisierung lĂ€sst alles zirkulieren, nicht nur das Ăl. Da fragt man sich schon, was ein Dokumentarspezialist wie Hans-Werner Kroesinger an Erkenntnissen herausdestilliert hĂ€tte. Nichtsdestotrotz hat auch dieser Teil seine lichten Momente â etwa, wenn ein Scheich aus Mossul zitiert wird, der angesichts des ersten Ălbooms in weiser Voraussicht gestöhnt haben soll: âIch wĂŒnschte, wir hĂ€tten Wasser gefunden.â
Nebulös im wahrsten Sinne schlieĂlich bleibt der Tanz, âAn Infinite Endingâ. Lea Martini und Julia B. LaperriĂšre schaffen im kĂŒnstlich zugedampften Ballhaus Ost zwar einige starke Momente von Verausgabung, Anrennen, Gefangensein im Kreislauf â aber ohne den Zusammenhang der Trilogie wĂŒrden die letztlich in Ratlosigkeit verpuffen. Dabei hat âEmpire of Oilâ eine klare Message: das eigene Konsumverhalten und mithin die eigene AbhĂ€ngigkeit vom begehrtesten Rohstoff der Welt zu hinterfragen.
Trilogie zum globalen Rohstoff Erdöl    Â
Stefan Bock – 31. Mai 2018
ID 10729
Empire of Oil, das klingt ein wenig wie House of Cards oder Game of Thrones. Ein Wirtschafts- oder Ăkothriller vielleicht oder sowas wie Monopoly mit ĂlbohrtĂŒrmen. Mitmachspiele gibt es ja im Theater mittlerweile genug – auch an der kooperierenden SpielstĂ€tte Ballhaus Ost. Aber keine Angst, hier muss niemand mittmachen, tanzen, singen oder etwas sagen – so versichert zumindest einer der Performer der offenen KĂŒnstlerkollaboration Costa Compagnie zu Beginn des zweiten Teils einer Trilogie, bei der es um den immer noch alles beherrschenden Brennstoff Ăl, dem âBlut fĂŒr die Adern der Weltwirtschaftâ, geht. Das ist an sich schon ein mehr als treffendes Bild. Mehr Doku- als Mitmachtheater ist dann dieser Abend, obwohl er durchaus auch einige immersive Momente hat.
Die Costa Compagnie um ihren GrĂŒnder Felix Meyer-Christian ist 2017 mit einer 360°-Kamera zu Recherchezwecken in Norwegen und im Irak unterwegs gewesen. Es geht hier natĂŒrlich um die globalen AusmaĂe der monopolisierten Erdölindustrie, ums groĂe Geld, den Krieg ums schwarze Gold und die ökologischen Folgen der Ălförderung, die mittlerweile nicht nur in der WĂŒste des mittleren Ostens oder Offshore in den GewĂ€ssern vor Norwegen stattfindet, sondern auch in den arktischen Gebieten jenseits der norwegischen Landesgrenzen. Aber besonders auf zwei an Erdöl reiche Gebiete hat sich die Costa Compagnie konzentriert. Man war in der norwegischen Hafenstadt Stavanger, die sich nach den Ălfunden in den 1960er Jahren zu einer modernen Stadt entwickelte, was auch ganz Norwegen zu gewissem sozialen Wohlstand verholfen hat, und in den autonomen Kurdengebieten des Nordiraks mit den in mehreren Kriegen heiĂ umkĂ€mpften Ălzentren Kirkuk und Mossul.
Das filmische Ergebnis der Recherche mit mehreren Interviews mit Bewohnern der Regionen und WerktĂ€tigen in der Ălindustrie Norwegens wie im Nordirak, einem ehemaligen US-Soldaten, der am Krieg zum Sturz Saddam Husseins beteiligt war, und einer norwegischen Naturschutzaktivistin ist im ersten Teil des Abends mit dem Titel A Research in 360° (der bereits im November 2017 zum ersten Mal hier gezeigt wurde) zu sehen. Dazu betritt das Publikum auf Socken ein mit Teppich ausgelegtes Oval im Ballhaus-Saal und betrachtet auf Hockern sitzend die 360°-Filmdokumentation, die auf die weiĂen BegrenzungsleinwĂ€nde projiziert wird. Neben dem nicht uninteressanten Geschichtsabriss um die durch einen nationalen Ălfonds geregelte Verteilung der norwegischen Einnahmen aus dem ĂlgeschĂ€ft schlĂ€gt der Film natĂŒrlich nicht nur eine rein filmische BrĂŒcke zu den VerteilungskĂ€mpfen um die 1927 entdeckten Ălvorkommen von Kirkuk. Ein damaliger Scheich soll gesagt haben: âIch wĂŒnschte, wir hĂ€tten Wasser gefunden.â Das sagt schon viel zum Nutzen, den die wertvolle Bodenressource den Irakern bisher gebracht hat. Norwegischer Wohlfahrtsstaat gegen ein Gebiet, das seine willkĂŒrliche territoriale PrĂ€gung durch ehemals koloniale Interessen erfahren hat. Hier prallen seit Jahrzehnten die unterschiedlichsten Konflikte mehr oder weniger offen und kriegerisch ausgetragen aufeinander. Iran-Irak-Krieg, Zweiter und Dritter Golfkrieg, schlieĂlich der IS, und die um Autonomie ringenden Kurden als unliebsamer Spielball immer zwischen den Fronten.
Dass die Macher hier nicht ganz unbewusst auch Partei fĂŒr die Autonomiebestrebungen der Kurden im Nordirak ergreifen, kann man zumindest in den GesprĂ€chen mit dort lebenden und arbeitenden Kurden und Vertretern anderer NationalitĂ€ten nachvollziehen, da sich innerhalb der kurzzeitigen Autonomiephase wĂ€hrend des Kampfes gegen und nach dem Sieg ĂŒber den IS die Region um Kirkuk wirtschaftlich recht gut entwickelt hat und als Beispiel fĂŒr ein friedliches Zusammenleben verschiedener NationalitĂ€ten und Religionsgemeinschaften gelten kann. Ein Referendum, bei dem 92 Prozent der Bevölkerung fĂŒr die UnabhĂ€ngigkeit stimmten, wurde von der irakischen Zentralregierung nicht anerkannt. Seit Ende 2017 ist das Gebiet nach kurzen KĂ€mpfen mit den kurdischen Peshmerga wieder unter der Kontrolle der irakischen Armee. Das alles und natĂŒrlich auch der internationale Kampf von Greenpeace-Aktivisten gegen den Klimawandel in der Arktis wird in den Interviews, die mit den 360° umlaufenden Landschaftsbildern korrespondieren, erzĂ€hlt. Ein durchaus auch Ă€sthetisch ĂŒberzeugender Beitrag zur kollektiven Erinnerung der Geschichte um das globale Reich des Ăls und seine wirtschaftlichen wie ökologischen Folgen. Als nette Pausenunterhaltung kann man sich im 2. Stock des Hauses einen kurzen Zusammenschnitt als Virtuell-Reality-Film mit entsprechender VR-Brille ansehen und ist fĂŒr ca. 11 Minuten tatsĂ€chlich selbst zumindest virtuell mitten im Geschehen.
Unsere GleichgĂŒltigkeit gegenĂŒber der Herkunft von Produkten und deren Produktionsbedingungen vor Ort, die zumeist einen nicht geringen Einfluss auf den Klimawandel haben, ist letztendlich das groĂe Problem. Was wir nicht wissen, geht uns nichts an. Das Wort “nachhaltig” fĂ€llt zwar nicht im zweiten Teil des Abends, zumindest aber das vom “Konsumverhalten”, an dem wir in Zukunft wohl oder ĂŒbel arbeiten mĂŒssen, auch wenn es hier einmal heiĂt, dass es kaum ein ZurĂŒck gebe und nur der Zeitpunkt der Katastrophe noch offen sei. In der Performance The Underground Frontier, die mehr oder weniger eine AnknĂŒpfung an den ersten Teil mit weiteren Filmbildern und TextbeitrĂ€gen ist, vertieft die These des Zusammenhangs der beiden Regionen als unterirdische Grenze und der territorialen wie politischen Ăberschreibung durch das Ăl. Die Geopolitik der Ressourcen mit den Fragen: Wem gehört das Land? Wem gehört der Untergrund? Wem gehören die Rohstoffe?
Wohlstand und Frieden oder Krieg und Flucht. Die ZusammenhĂ€nge sind mittlerweile auch in Deutschland spĂŒrbar. Das wird hier zweisprachig in Englisch und Deutsch von drei PerformerInnen vorgetragen, ergĂ€nzt von zwei Stimmen aus dem Off, die in der dritten Person Interviewpassagen aus dem Film wiederholen. Auch der fragend schauende Killerwal aus dem Bericht eines Offshore-Ingenieurs aus dem ersten Teil taucht wieder auf. Sein staunendes âWas ist das?â wird per Voice-Verzerrer zu elektronischer Begleitmusik, was etwas bemĂŒht wirkt. Und eine mentale RĂŒckfĂŒhrung des nun auf dem RĂŒcken liegenden Publikums mit einer Person aus ihrer Vergangenheit, mit der es dann im Gedanken in die Grenzregionen des Ăls geht, hat etwas merkwĂŒrdig Esoterisches, wie auch die anschlieĂende rituelle ĂlausgieĂung.
Noch waberiger wird es im letzten Teil, der Tanzperformance An Infinite Ending, bei der eine TĂ€nzerin minutenlang hektisch mit Armen und Oberkörper kreist und dabei wie ein pausenlos fördernder Ălbohrturm aussieht, wĂ€hrend eine zweite TĂ€nzerin sich zunĂ€chst kaum bewegt. Man kann das vielleicht als ein GegenĂŒber von einer Ausgeglichenheit mit der Natur und dem unaufhörlich fortschreitenden Raubbau empfinden. Die unausweichliche Katastrophe wird mit Trockeneisnebel simuliert, bis kaum noch etwas im Raum zu sehen ist. Und trotzdem geht das ekstatisch Wedeln immer weiter. Besser lĂ€sst sich die BilateralitĂ€t von Mensch und Natur wohl nicht darstellen.
Produktion: EMPIRE OF OIL / Part 2: The Underground Frontier
TAZ, 03. Februar 2018
Zur Förderung des Profits
Performative Fragen zu einem Rohstoff, der die Welt am Laufen hĂ€lt â und dabei auch in Aufruhr bringt. Die Costa Compagnie im Ballhaus Ost mit âThe Underground Frontierâ, dem 2. Teil von âEmpire of Oilâ
Von Julika Bickel
Auf Socken tritt man durch den Vorhang hindurch, setzt sich auf den lila Teppich oder eines der Kissen. Der Vorhang bildet einen ovalförmigen Raum und dient gleichzeitig als Leinwand.
Man befindet sich auf einem Schiff. Um einen herum sieht man die Weite des Meeres und die Gischt, die das fahrende Schiff als Schweif im Wasser hinterlĂ€sst. Drei PerformerInnen kommen hinzu, sie halten einen Vortrag ĂŒber die âUnderground Frontierâ. Sie wollen wissen, wo das Ăl herkommt. Sie fragen: Wer besitzt das, was unter unseren FĂŒĂen liegt? Wem gehören die SchĂ€tze? Man sieht Drohnenbilder von Bohrinseln, die wie gestrandete Raumschiffe aussehen. Die Aufnahmen sind in Farbe getaucht, verfremdet, mal sind sie pink, dann gelb, dann grĂŒn. Im nĂ€chsten Moment ist man in einer zerstörten Stadt. Um einen herum stehen Ruinen von HĂ€usern. Es erscheint ein Feuer, das aus einer Gasfackel auf einem Ălfeld kommt.
Diese Performance feierte am Donnerstag im Ballhaus Ost Premiere: âThe Underground Frontierâ. Das StĂŒck ist der zweite Teil von âEmpire of Oilâ, einem vierteiligen Rechercheprojekt der Costa Compagnie.
Zur Recherche ist Felix Meyer-Christian, der GrĂŒnder dieser interdisziplinĂ€r arbeitenden Gruppe, nach Norwegen und in den Nordirak gereist, hat mit einer 360-Grad-Kamera gefilmt und mit den Menschen vor Ort gesprochen.
Ăl und der damit zusammenhĂ€ngende Klimawandel seien die derzeit gröĂte Herausforderung der Menschheit, sagt der Theatermacher. âEs gibt nichts anderes, was das Leben auf dem Planeten so entscheidend beeinflussen wird, wie die VerĂ€nderungen, die jetzt ausgelöst werden und die bald immer stĂ€rker werden.â
Es sind beeindruckende Bilder, die einen mit âThe Underground Frontierâ im Ballhaus Ost umschlieĂen: Aufnahmen aus der Luft ĂŒber arktischen GewĂ€ssern oder mitten zwischen Menschen auf einer StraĂe in Mossul. Dazu ertönen lang anhaltende, dunkle KlĂ€nge, die einen noch stĂ€rker in die Umgebung hineinziehen. Manchmal wirkt dieses immersive BĂŒhnengeschehen bedrohlich, dann wieder mystisch, gar magisch.
Die Trennung zwischen BĂŒhne und Publikum ist komplett aufgelöst. Die drei PerformerInnen gehen zwischen den sitzenden ZuschauerInnen umher, wĂ€hrend sie ihren Vortrag auf Deutsch und Englisch halten. Ihr Auftritt hat etwas Komisches an sich, weil er so gewollt eingeprobt wirkt: der auswendig gelernte Text, die einstudierte Dramatik, das höfliche LĂ€cheln, wie das Mikrofon nach einer kleinen Tanzeinlage wie zufĂ€llig am richtigen Ort liegt.
Dazwischen folgen abstrakte und langwierige Gedankenströme aus dem Off in indirekter Rede, denen man nicht immer folgen kann. Die Passagen verdeutlichen aber auch die KomplexitĂ€t der ZusammenhĂ€nge. âDas Thema ist so unglaublich ungreifbarâ, sagt Meyer-Christian. Unsere GleichgĂŒltigkeit gegenĂŒber dem Klimawandel beruhe darauf, dass wir nicht sehen, wo das Ăl herkommt und wo es hinfĂŒhrt.
Mit konkreten Szenarien und Menschen will er das Thema in seiner Performance sichtbar machen. Die Rundumaufnahmen ermöglichen eine gröĂere Autonomie des Blicks. Man kann sich umschauen, die Distanz wird verringert.
Nach einem 360-Grad-Video-Essay (das vergangenen November Premiere im Ballhaus Ost hatte) und diesem zweiten, textbasierten Teil des Rechercheprojekts sollen im Mai noch eine Tanzperformance, die sich dem Thema auf rein körperlicher Ebene widmet, und ein dann online gestellter Virtual-Reality-Film folgen. So werden die Filmaufnahmen sowie die dokumentierten Performances fĂŒr Menschen auf der ganzen Welt erlebbar.
Norwegen und Nordirak sind zwei Regionen mit groĂen Ălressourcen â der einen hat es Wohlstand und sozialstaatlichen Frieden beschert, der anderen Krieg und Flucht. In Mossul und Kirkuk war Meyer-Christian im September 2017 zur Zeit des kurdischen Referendums, das stark mit der Hoffnung auf Gewinne aus dem ĂlgeschĂ€ft verbunden war.
Vor Ort interviewte er Ălbohrer, Manager, Politiker, Journalisten und Greenpeace-Aktivisten. Die InterviewpartnerInnen erscheinen in der Performance groĂ auf dem Vorhang und schauen einen stumm an, wĂ€hrend die PerformerInnen sie in indirekter Rede zitieren.
Die Aussagen werden als Song von einem Performer wiederholt. Er spielt Keyboard und singt durch ein Mikro, das seine Stimme elektronisch verzerrt: âThey are looking at you / killer whales, killer whales / what is this?â und âYou can like or dislike oil and gas / you become a prostitute / you do what you do for the money.â
Norwegen ist der nach Russland wichtigste Ăl- und Gaslieferant Deutschlands. FĂŒr Meyer-Christian ist das skandinavische Land der Inbegriff der westlichen, heuchlerischen Lebensweise. Selbst setzt das Land stark auf erneuerbare Energien, macht jedoch viel Profit, indem es Ăl ins Ausland verkauft.
Wie stark unser Konsumverhalten mit dem Klimawandel zusammenhĂ€nge, sei ihm vor der Recherche nicht bewusst gewesen. Es gibt nicht den einen Verantwortlichen, sagt Meyer-Christian. âWir sind alle Verursacher und zukĂŒnftige Betroffene gleichzeitig.â
Am Ende der Performance sollen sich alle mit geschlossenen Augen auf den Boden legen. Es ist ein Experiment, so die drei Vortragenden. Sie schicken einen auf eine emotionale Gedankenreise. Zusammen mit einer einem nahestehenden Person soll man sich auf die Flucht begeben. Und alles steht unter Wasser.
Produktion: EMPIRE OF OIL / Part 1: A Research in 360°
ZITTY, 22. November 2017
Fluch und Segen
Die interdisziplinĂ€r arbeitende Costa Compagnie erforscht in âEmpire of Oilâ im Ballhaus Ost auf innovative Weise, wie Gesellschaften durchs Ăl vergiftet werden â und wie man das zumindest dosieren könnte
Meer und WĂŒste sind nicht nur weite FlĂ€chen, auf denen Menschen sich eher ungern aufhalten. In manchem Meeresboden, unter manchem WĂŒstensand steckt auch das schwarze Gold â ein Fluch und Segen zugleich.
An die ölreiche KĂŒste vor Norwegen und auf den ebenso ölreichen Sand des NordÂiraks hat sich die Costa Compagnie begeben, um vor Ort zu untersuchen, wie der Rohstoff die dortige Bevölkerung prĂ€gt. Sie befragte Ălbohrer und Manager aus Skandinavien, war im BĂŒro von kurdischen Politikern, deren UnabhĂ€ngigkeitsbestrebungen eng mit den erhofften Gewinnen aus dem ĂlgeschĂ€ft verbunden sind. Diese und andere Interviews sind nun Teil der immersiven Performance âEmpire of Oil â A Research in 360°â.
Auch eine Dichterin und ein kritischer Journalist aus dem Nordirak wurden interviewt und die mittlerweile zur Heldin aufgestiegene Greenpeace-Aktivistin Sini Saarela â sie gehörte zu den von Russland eine Zeitlang eingesperrten âArctic 30â. Die Aussagen der etwa zwei Dutzend Personen werden eingebettet in opulente 360-Grad-Filme, die in einem Rundhorizont im Ballhaus Ost zu sehen sind. Die Filme, teils Drohnenaufnahmen, teils statisch aufgenommen, zeigen BohrtĂŒrme in arktischen GewĂ€ssern und im vom Krieg zerstörten Nordirak.
Eine SchlĂŒsselfigur ist dabei der irakische Geologe Farouk Al Kasim. Er kam in den 1960er-Jahren nach Norwegen, auf der Suche nach medizinischer Betreuung fĂŒr seinen kranken Sohn. Damals begann Norwegen, seine Ălfelder zu erschlieĂen. Al Kasim warnte vor den Fehlern seiner Heimat: Die irakische Elite hatte im Rausch des schnellen Geldes Konzessionen an britische und US-amerikanische Firmen regelrecht verschleudert und steckte die Gewinne, die nicht auĂer Landes gingen, meist in die eigene Tasche. Norwegens Ăl-Staatsfonds, der dem gesamten Land beachtlichen Wohlstand beschert, ist auch Al Kasims Warnungen zu verdanken.
Allerdings stieĂ Felix Meyer-ChrisÂtian, Filmemacher und Regisseur der Costa Compagnie, auch im Beispielland Norwegen auf manche Wand des Schweigens; vor allem dann, wenn er nach den globalen Folgen des hĂŒbschen ĂlgeschĂ€fts der Skandinavier fragte: Klimawandel, UmweltschĂ€den und -zerstörung. âEmpire of Oilâ fragt daher auch, warum viele Industrien noch immer auf Ăl basieren, und wer daran verdient, obwohl technologisch ein Energiewandel lĂ€ngst möglich wĂ€re.
Zwei Performer interagieren zum Filmgeschehen live mit dem Publikum, das Projekt ist aber auf mehrere Teile angelegt. In weiteren Phasen will die Costa Compagnie im nÀchsten Jahr die 360-Grad-Filminstallation um eine textbasierte Performance (Premiere 1. Feburar) und spÀter um eine Tanzperformance (Premiere 23. Mai) erweitern.
Das alles soll ebenfalls mit einer 360-Grad-Kamera dokumentiert werden und aus dem gesamten Material schlieĂlich eine voll-immersive Virtual Reality-Umgebung entstehen. âWir wollen herausfinden, was die VR-Technologie fĂŒr das Theater bedeuten kannâ, meint Meyer-Christian. Am 23. November fĂ€llt im Ballhaus Ost der Startschuss fĂŒr das Technologie-Experiment im Dokumentartheater-Kontext.
Produktion: FASCION & CONVERSION / NACH AFGHANISTAN
BLOG – Performing Arts Festival
“Kunst kann nie Realpolitik seinâ
Felix Meyer-Christian macht mit seiner costa compagnie Recherchetheater. Am Mittwoch lĂ€uft âCONVERSION / Nach Afghanistanâ zum letzten Mal im Ballhaus Ost. Ein PortrĂ€t.
Von Talea Scholz
Berlin 12. Juni 2017
Der Körper des TĂ€nzers hebt sich immer wieder in die Luft, fĂ€llt klatschend zu Boden, reiĂt sich wieder hoch, fĂ€llt erneut. Wie ein Fisch, der sich an Land orientierungslos umherwirft, immer im Kreis. Auf die hintere BĂŒhnenwand ist die afghanische WĂŒste projiziert. Bunte Luftballons liegen herum und geben der beklemmenden AtmosphĂ€re einen abstrakten Ton. Bis auf das Aufschlagen des Körpers ist nichts zu hören.
Ein verwirrendes und bedrĂŒckendes Bild aus dem StĂŒck âCONVERSION / Nach Afghanistanâ. Nach einer langen Tour durch Deutschland und die USA wird es am Mittwoch im Ballhaus Ost das letzte Mal gezeigt. Geschaffen hat es Felix Meyer-Christian mit KĂŒnstlerInnen der costa compagnie. Mit Teilen seiner Gruppe reiste er dreieinhalb Wochen durch Afghanistan, um das Material dafĂŒr zu sammeln. Sie haben mit Afghaninnen und Afghanen gesprochen, SoldatInnen, DiplomatInnen, WissenschaftlerInnen befragt. Auf der BĂŒhne entsteht daraus eine Mischung aus Tanz, Performance und Sprechtheater. Eine Ansammlung von Ă€sthetischen und politischen Perspektiven. Wie durch ein Kaleidoskop wird die Situation zerlegt, gespiegelt, umgeworfen.
UrsprĂŒnglich wollte Meyer-Christian zur Entwicklungszusammenarbeit. Katastrophenvorsorge. Er studierte Geographie und Völkerrecht in Berlin. Geographie war schon immer sein Ding. Er hat viele Auslandspraktika gemacht, interessiert sich fĂŒr die globalen ZusammenhĂ€nge, ist kritisch, engagiert. Theater war da zunĂ€chst nur eine private Leidenschaft: Meyer-Christian spielte neben dem Studium und hospitierte an der SchaubĂŒhne.
Nach dem Studium steht er vor der Entscheidung: Soll er eine vielversprechende Stelle in Guatemala annehmen oder das Regiestudium in Hamburg? Zusagen hat er fĂŒr beides. Entschieden hat er sich fĂŒr Hamburg, fĂŒr die Kunst und gegen die Realpolitik: âKunst wird nie Realpolitik seinâ. Wer konkret die Politik mitbestimmen will, meint Meyer-Christian, der muss schon selbst in die Politik gehen oder parallel zur kĂŒnstlerischen Praxis AktivistIn werden. Die Kunst habe andere Möglichkeiten Einfluss zu nehmen, aber âdie meisten politischen Entwicklungen entscheiden sich innerhalb unserer Kontexte nicht im Theatersaalâ
Trotzdem ist er KĂŒnstler geworden. Wieso? Die Kunst setzt woanders an. Er möchte die groĂen Prozesse beschreiben, das kleine Guckloch unserer Wahrnhmung aufreiĂen und das Bild so komplex wie möglich machen. Denn das ist die groĂe StĂ€rke der Kunst, Ă€sthetische Formen finden, um Blickwinkel zu erweitern, Wahrheiten Raum geben, um die Gesellschaft in ihrem eigenen SelbstverstĂ€ndnis zu stören. Das hat die Kunst der Politik voraus.
Noch wĂ€hrend des Studiums grĂŒndet Meyer-Christian die costa compagnie, um gemeinsam mit KĂŒnstlerInnen verschiedenster Bereiche zusammenzuarbeiten: Tanz, Installation, Bildende Kunst, Sprechtheater. Er will einen möglichst vielseitigen Blick aus allen Richtungen auf das Material werfen. An fast jedem Projekt arbeiten neben dem festen Kern der costa compagnie deshalb auch externe KĂŒnstlerInnen mit. BloĂ nicht in bekannten Konstellationen einrosten. Dynamisch bleiben. Immer neue ZugĂ€nge zu Material und Ăsthetik finden.
So entstehen Arbeiten, die immer dicht an der peniblen Recherche bleiben. Die costa compagnie abstrahiert ein Problem nicht. Keine AllgemeinplĂ€tze. Keine Allzwecklösungen. Stattdessen bekommen gesellschaftliche Situationen und die Menschen darin eine BĂŒhne.
So wie in âCONVERSION / Nach Afghanistanâ. Der Abend beschĂ€ftigt sich mit dem ISAF-Einsatz internationaler Truppen in Afghanistan. In unzĂ€hligen Interviews sammelt die costa compagnie BruchstĂŒcke einer Gesamtsituation, die in ihrer KomplexitĂ€t unbegreifbar scheint. Es sind Wahrheiten verschiedener Leben, die doch alle miteinander verstrickt sind. Jede Geschichte gibt einen anderen Blick auf das Geschehen frei. Da sind die SoldatInnen, die versichern, ihr Bestes getan zu haben. Die Deutschen, sehr professionell und distanziert, ohne Namen und Abzeichen. Die Amerikaner, viel offener, selbstbewusster und auch kritischer. GlĂŒhende AnhĂ€ngerInnen der Taliban kommen genauso zu Wort wie junge Feministinnen, fĂŒr die ein Abzug der SoldatInnen eine Katastrophe bedeutet.
Ihnen allen gibt die costa compagnie Raum und skizziert die Umrisse einer Lebenswelt, die uns Fremd erscheint und doch berĂŒhrt. Unser westliches Wertesystem kommt an seine Grenzen, zerschellt an der schieren Unbegreiflichkeit der Lage. Wie kann ich eine solche Situation mit meinen Begriffen, meiner Ăsthetik und meinen Werten zu begreifen versuchen? Muss ich nicht zwingend scheitern? FĂŒr Meyer-Christian liegt darin der SchlĂŒssel seiner Kunst. Er will den Blick erweitern, ohne ihn einzufĂ€rben.
FĂ€llt es ihm manchmal schwer, die Interviews mit den Beteiligten eines Konfliktes zu ertragen? Sicher. Aber es sei schlieĂlich sein Beruf. Er muss jeder Stimme ihren Raum geben, das ist etwas Anderes, als in einer Kneipe privat ĂŒber Meinungen zu streiten. Privatperson und Theatermacher sind bei Meyer-Christian in Interviewsituationen sauber getrennt: âWir gehen ja als Gast zu den Leuten hin, um ihre Geschichten zu hören. Da kann man nicht plötzlich vorschnellen und einen Streit vom Zaun brechen.â
Ob er mit einem Interviewpartner ĂŒbereinstimmt oder nicht, ist fĂŒr ihn irrelevant. Er will keine Meinung machen, sondern die KomplexitĂ€t der Lage ĂŒbersetzen. Dazu gehört jede Stimme und ein Interviewer, der sich zurĂŒcknehmen kann. Das kann er. Ernst und engagiert erzĂ€hlt er von den Menschen, die er kennengelernt hat, seinen Kollegen, dem Theater und der Politik â nicht von sich. Felix Meyer-Christian ist kein Moralist, sondern jemand, der gemerkt hat, dass moralische Vorstellungen keineswegs allgemeingĂŒltige Weltkonzepte sind. Was hier gilt, gilt nicht zwingend in Afghanistan.
Das nĂ€chste StĂŒck handelt ĂŒbrigens von der zunehmenden Faschistisierung des politischen Klimas. Trump, AfD und Co. Wieder wird die costa compagnie recherchieren, dicht am Material bleiben und gleichzeitig nach einer neuen choreographischen Form suchen. Denn unsere RealitĂ€t ist viel zu komplex, um sie zu verallgemeinern.
Produktion: CONVERSION / NACH AFGHANISTAN
KRONENZEITUNG, 09. April 2016
Vom Umgang mit Krisengebieten
Von Christoph Hartner
Mehrere Wochen hat die COSTA COMPAGNIE aus Hamburg den Einsatz der deutschen Bundeswehr am Hindukusch begleitet und Stimmen und Bilder zu westlichen PrĂ€senz vor Ort gesammelt. In der Performance âConversion / Nach Afghanistanâ erweitern sie das Krisengebiet in den BĂŒhnenraum.
Die Deutschen sollten die Taliban vernichten, die guten jedoch am Leben lassen. Dieser Wunsch eines Teenagers aus Kabul bringt die KomplexitÀt der politischen Lage am Hindukusch und der westlichen PrÀsenz in der Region auf den Punkt. Wo genau liegt die Grenze zwischen Gut und Böse, NormalitÀt und Ausnahmesituation? Welche Spuren hinterlassen die Truppen nach ihrem Abzug? Welche Spuren hinterlÀsst Afghanistan in den Soldaten?
Zu Fragen wie diesen hat die COSTA COMPAGNIE Stimmen und Bilder in der Region gesammelt und diese zu einer polyphonen Performance verwoben, in der Recherchetheater und Tanz ebenso zum Einsatz kommen wie Soundscapes und Video-Tableaus. Symbolisch holt die Gruppe Afghanistan in den BĂŒhnenraum: Drohnen schweben ĂŒber den Performern, aufblasbare Stoffbahnen in hoffnungsfrohem WeiĂ blĂ€hen sich bis in den Zuschauerraum.
Und die Truppe macht zuletzt auch ihre eigene Rolle zum Thema. Können und dĂŒrfen westliche KĂŒnstler fĂŒr die Menschen Afghanistans sprechen, ohne dabei deren Stimmen zu verfĂ€lschen oder in Moral-Kitsch oder in Kunst-Kolonialismus abzugleiten?
Auf fantastische und smarte, wenn auch teilweise ausufernde Weise wird so die Vielstimmigkeit und WidersprĂŒchlichkeit im Umgang mit sogenannten Krisengebieten unmittelbar erfahrbar! Als Gast von UniT noch heute im Grazer Theater am Lend zu erleben.
ORF (Ăsterreichischer Rundfunk), 09.04.2016
http://steiermark.orf.at/tv/stories/2767657/
Theater am Lend zeigt Performance-Doku (Textversion zum TV-Bericht des ORF)
Authentische Stimmen zu Wort kommen lassen und neue EindruÌcke und Perspektiven vermitteln – das wollen die KuÌnstler der Costa Compagnie mit ihrer Performance âConversion / Nach Afghanistanâ am Samstag im Grazer Theater am Lend.
Drei Wochen lang waren KuÌnstler der Costa Compagnie am Hindukusch in Afghanistan, um Bild- und Tonmaterial zum Ende des Hilfseinsatzes der internationalen SicherheitsunterstuÌtzungstruppe (ISAF) zu sammeln. So wurden Einheimische, Journalisten, Diplomaten sowie Soldaten vor Ort befragt und das Material anschlieĂend in eine kuÌnstlerische AuffuÌhrung uÌbertragen. Die daraus resultierende Performance wurde am Freitag und Samstag im Theater am Lend vorgestellt.
âWir versuchen in unserer Arbeit auch die Form der Dokumentation generell in Frage zu stellen. Ich glaube nicht, dass ich als Dokumentarist oder auch als KuÌnstler nach Afghanistan reisen und eine Wahrheit oder die wirkliche RealitaÌt portraÌtieren kann. Was ich aber machen kann, ist dort hinzufahren und mit den Menschen vor Ort in Kontakt treten, mit ihnen sprechen und versuchen, ihre Situation fuÌr einen kleinen Moment einzufangenâ, erklaÌrt der kuÌnstlerische Leiter Felix Meyer-Christian.
Und so verbindet die Costa Compagnie in ihrer Inszenierung aufgezeichnete Interviewsituationen und KlaÌnge aus den StraĂen Afghanistans mit Choreografien im BuÌhnenraum: âWas die Kunst angeht, haben wir die MoÌglichkeit, zwar nicht die Fragen der Politik beantworten zu koÌnnen – wir sind keine Aktivisten, die sagen, wie es besser geht oder was getan werden muss – aber den Horizont zu oÌffnen und Fragen zu finden oder zu suchen, wie sie in der Politik eben nicht gestellt werden koÌnnenâ, so Meyer-Christian. Damit naÌhert sich âConversion / Nach Afghanistanâ mit einer tiefgruÌndigen Inszenierung kuÌnstlerisch komplexen LebensrealitaÌten an und animiert zum Nachdenken.
Leserkritik auf nachtkritik.de vom 22.2.2016
âConversion â Nach Afghanistanâ von Costa Compagnie
Gastspiel am Ballhaus Ost am 30.01.2016
Vom 28. bis 31.01. fand in Berlin die Jahreskonferenz der Dramaturgischen Gesellschaft zum Thema âWas tun. Politisches Handeln jetztâ statt. Es wurde viel diskutiert ĂŒber die Möglichkeiten von Theater in Zeiten politischer UmbrĂŒche, mit spannenden und langweiligen BeitrĂ€ge und natĂŒrlich sehr viel Netzwerkelei. Kaum zuhause angekommen, schluckte einen der Betrieb und natĂŒrlich die Diskussion um die Auswahl fĂŒr das TheatertreffenâŠ
Dabei fiel hinten runter, dass unter all den gelisteten VorschlĂ€gen fĂŒr Theaterbesuche auch eine Produktion war, die eben jener Frage nach Kunst, Politik und Handeln tiefgrĂŒndig, mutig und gleichzeitig erfrischend offen am allerkonkretesten nachging, wie es vorher so noch nicht gesehen wurde: âConversion â Nach Afghanistanâ am völlig ĂŒberfĂŒllten Ballhaus Ost von der freien Gruppe Costa Compagnie. Ein gut gehĂŒtetes Geheimnis und als Nachwuchsgruppe scheinbar noch unter dem Radar der Theaterscouts, wenn auch prominent ausgestattet ĂŒber den Fonds Doppelpass.
Als Grundlage fĂŒr diese multiperspektivische Kunstanalyse aus dem Kriegsgebiet mit Text, Tanz, Video, Musik und einer Luft-Installation recherchierten Mitglieder der Gruppe in Afghanistan und interviewten zahlreiche Bewohner der StĂ€dte Kabul und Masar Scharif, sowie Soldaten der Bundeswehr und der US-Army in ihren Feldlagern, der brisanten Sicherheitslage zum Trotz. Ein willkommener VorstoĂ auf dem Theater, denn oft findet keine Diskussion darĂŒber statt, dass die Deutschland jahrelang im Krieg in Afghanistan beteiligt war und nun nach dem Ende der Mission nicht nur die Soldaten zurĂŒck kommen, sondern vor allem auch diejenigen, fĂŒr welche die Intervention eigentlich ein besseres Zuhause schaffen sollte. Was ist also geschehen und wie sehen das die Afghanen selbst?
Jetzt alles zu berichten, was die costa compagnie an diesem gewaltigen, facettenreichen und bewegenden Abend innerhalb der zwei Stunden leistet ist bei 4000 Zeichen unmöglich. Im Schnelldurchlauf:
ZunĂ€chst eine leere BĂŒhne, im Video die Berge Afghanistans, vier TĂ€nzer in energetischen Bewegungen, andere Spieler erscheinen, deutsche und englische Texten der Befragten (Berlin typisch nicht untertitelt), musikalisch alles von Musikerin Katharina Kellermann elektronisch live begleitet, Klang-AtmosphĂ€ren, Beats, Stimmen, Flugzeugmotoren und FlĂ€chen. Man verbringt gebannt die erste Stunde mit Biographien, Frauenrechten, AnschlĂ€gen, Entwicklungszusammenarbeit und natĂŒrlich den Taliban. Das pointierte Arrangement der Texte schafft es, dass die Themen nebeneinander, als auch zum StreitgesprĂ€ch gegenĂŒber gestellt werden, so dass man in ein Horizont erweiterndes Meinungsbild eintauchen kann.
ReprĂ€sentation wird hier medial an das Video ausgelagert, indem zu den prĂ€sentierten Texten riesengroĂe, schweigend blickende Portraits der Befragten eingeblendet werden (zum Teil auch im Originalton als Teil der BĂŒhnentextsituation). Ein subversives Narrativ einer Begegnung, wie sie nur auf dem Theater stattfinden kann, das auf die im Text gestellten, aktuell brennenden Fragen verweist: Was hat die Intervention im Land (nicht) bewirkt? In welchen Krieg erklĂ€rt sich eine westliche Gesellschaft bereit (wieder) zu ziehen? FĂŒr wen und fĂŒr was? Dazwischen intensive Abschnitte im Tanz mit verdrehten und ruckartigen Körpern, ausufernden Bewegungen, Solo- und Gruppenchoreografien, aus denen sich die TĂ€nzer mĂŒhelos lösen, um den nĂ€chste Befragten vorzustellen (Choreografie Jascha ViehstĂ€dt).
Im Video Landschaften, GebĂ€ude, Panzer, Hubschrauber. Begriffe wie RealitĂ€t, Dokumentation, Wahrheit und Moral werden in einem fortlaufenden Essay-Monolog von Hauke Heumann offen verbalisiert und in Frage gestellt (Text: kĂŒnstl. Leiter Felix Meyer-Christian). Dann wachsen riesige, weiĂe PlastikschlĂ€uche zu einem dreidimensionalem Chaos, das bis ĂŒber die Zuschauer hinaus ragt auf der BĂŒhne (Annika Marquardt, Lani Tran Duc) und spĂ€ter entfaltet sich im Hintergrund wie ein ĂŒberdimensionaler Hefeteig eine groĂe Stoffblase/Zelt der maximal wĂ€chst und der Fokus verlegt sich auf die Interviews im MilitĂ€rlager. Im zweiten Teil brechen die Ebenen dann virtuos durcheinander. :Ein komisch-groteskes Interview in einer BĂ€ckerei, Slow-Motion-Traum-Sequenz, ein zunĂ€chst unverstĂ€ndlicher afghanischer Witz mit latent grenzdebilem Ăbersetzungsverlust, Pocahontas-Sexy-Musical-Einlage, der Konflikt zwischen Besatzung und Aufbau, Kultur, Religion und âTerrorâ.
Am Ende entweicht die Luft und es bleibt nichts auĂer einem Stoffrest und einem Wimmelbild mit den sprechenden Köpfen dutzender Befragter, in dem unter anderen ein Afghane die Demokratie als solche in Frage stellt oder ein Ex-Soldat die MilitĂ€rintervention zunĂ€chst schĂ€rfstens kritisiert (âKönnen die da oben wirklich gut schlafen?â), um dann im nĂ€chsten Augenblick zu sagen, dass sich diese dennoch nicht in Frage stellen lĂ€sst, woraufhin er trefflich mit dem Wort âAmbivalenzâ lachend endet.
Die Gruppe selbst bleibt dabei nicht neutral und verweist nach einer klaren Benennung der Problematiken im Land und der WidersprĂŒche des Westens in ihrem Abschlusstext auf die UngĂŒltigkeit einer kapitalistischen Kosten-Nutzen-Rechnung im Kriegsgebiet und fordert ganz utopisch âpolyphone Prinzipienâ und eine Neuausrichtung des Denkens innerhalb der eigenen Bewertung, um parallel sehr real-politisch ein Ende der Gewalt einzufordern â âmit welchen Mitteln auch immerâ. Wer etwas dringliches von der Welt erfahren will und mehr auf Artâ statt auf âArtivismâ setzt, muss diesen Abend gesehen haben.
Fonds Doppelpass // Kulturstiftung des Bundes // Theater und Orchester Heidelberg
Mannheimer Morgen, 11.05.2015
http://www.morgenweb.de/nachrichten/kultur/regionale-kultur/wirkungsmachtiges-kaleidoskop-der-widerspruche-1.2238544
Performance:
Mit der UrauffĂŒhrung âConversion_2. Nach Afghanistanâ zeigt das Theater Heidelberg einen bemerkenswerten Theaterabend
WirkungsmĂ€chtiges Kaleidoskop der WidersprĂŒche
Von Martin Vögele
“Das Herausfordernde an einem Ort wie Afghanistan sei es, dass die schiere FĂŒlle komplexer WidersprĂŒchlichkeit und sich moralisch ausschlieĂender Situationen so ĂŒberwĂ€ltigend sei, dass einem gar nichts anderes ĂŒbrig bleibe, als alles bisher Gedachte ĂŒber den Haufen zu werfen und eine neues Feld zu eröffnen”, gibt Schauspieler Hauke Heumann das Schreiben einer ungenannten Verfasserin wieder. Auf die Spuren dieser WidersprĂŒche, Hoffnungen, Erfahrungen und Ăngste von Bevölkerung und Interims-Bewohnern begibt sich die freie Hamburger KĂŒnstlergruppe Costa Compagnie in “Conversion_2. Nach Afghanistan” – eine im Rahmen des Projekts “Conversion. Eine deutsch-amerikanische Choreographie” in Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Theater entstandene Tanz-Performance, die im Theater Heidelberg uraufgefĂŒhrt wird.
Kurz bevor im Dezember 2014 der internationale MilitĂ€reinsatz in Afghanistan endete, waren der KĂŒnstlerische Leiter Felix Meyer-Christian, Choreograph Jascha ViehstĂ€dt und Stefan Haehnel (Kamera) zu einer Recherchereise aufgebrochen: In Kabul und Mazar-e-Sharif sprachen sie mit ĂŒber 30 Afghanen, Bundeswehr- und US-Soldaten, sammelten Ton- und Bildaufnahmen.
Dokumentarische und essayistische Texte, Video-Tableaus, Tanz und Soundkompositionen verdichten sich bei “Conversion_2” nun zu einer theatralen Reflexion dieser Reise. Meist werden die vielstimmigen Texte von den Performern (Heumann, Hans Fleischmann, Florian Nania, Nanette Waidmann) deklamiert, teils in den original Aufnahmen eingespielt.
Kein bequemer Weg
Vielgestaltig ist auch die Tanzsprache: Frank Koenen, Akemi Nagao, Jascha ViehstĂ€dt und Maria Walser changieren zwischen impulsiven Kraftakten, Niedergeworfenheit, rhythmisch-eruptivem Chaos und nach Einklang strebender SynchronizitĂ€t. Einer der stĂ€rksten Momente ist zugleich der verstörendste: Die TĂ€nzer zeigen eine Boygroup-Choreographie, wĂ€hrend der Kinderchor des Theaters (der zuvor auch an einer begleitenden Performance-Installation mitgewirkt hat, die in und vor dem Haus prĂ€sentiert wurde) mit den Darstellern den fĂŒr den Disney-Film “Pocahontas” geschriebenen Song “Colors Of The Wind” singt.
“Conversion_2” wĂ€hlt keinen bequemen Weg – auch nicht fĂŒr den Zuschauer, der sich mit einer Flut von Positionen und BildeindrĂŒcken konfrontiert sieht (am Ende von Teil I ĂŒberwuchert etwa ein riesiger, aufgeblasener Plastikschlauch die komplette BĂŒhne); die Costa Compagnie versucht nicht, als WelterklĂ€rer aufzutreten. Sie dokumentiert mit kĂŒnstlerischen Mitteln wirkungsmĂ€chtig das Kaleidoskop einer heterogenen afghanischen Gegenwart auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Eine bemerkenswerte Leistung.Â
Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11.05.2015
http://www.rnz.de/kultur-tipps/kultur-regional_artikel,-Conversion_2-im-Heidelberger-Theater-Afghanistan-quo-vadis-_arid,96878.html
“Conversion_2” im Heidelberger Theater:
Afghanistan, quo vadis?
Tanz-Performance zur Problematik eines geschundenen Landes
Von Arndt Krödel
“Nichts ist gut in Afghanistan.” 2010 löste dieser mutige Satz Margot KĂ€Ămanns, der damaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, in Teilen der Ăffentlichkeit harsche Kritik aus. Was die Aussage vielleicht auch bewirkte, war, Dinge zu hinterfragen, um aus gewohnten Mustern herauszukommen. Eben das versucht eine gemeinsame Produktion der “costa compagnie” aus Hamburg und des Heidelberger Theaters, die unter dem Titel “Conversion_2. Nach Afghanistan” ihre UrauffĂŒhrung im Marguerre-Saal erlebte. Die Tanz-Performance ist das zweite Produkt der Kooperation beider Ensembles, die bereits 2014 das StĂŒck “Conversion_1” herausbrachten, das sich mit dem Abzug der US-Soldaten aus Heidelberg befasste.
Noch bevor der internationale MilitĂ€reinsatz in Afghanistan im Dezember 2014 – nach genau 13 Jahren – endete, reisten drei KĂŒnstler der costa compagnie an den Hindukusch. Sie machten Interviews mit Einheimischen, aber auch mit Soldaten und fragten nach deren Erfahrungen und GefĂŒhlen in Vergangenheit und Gegenwart. Eine Gegenwart, die sich darauf besinnen muss, dass ihre Koordinaten sich verĂ€ndern und niemand weiĂ, wie die Sache ausgeht. Mit der Absicht, neue Formen des dokumentarischen und choreografischen Arbeitens zu erschlieĂen, entstand aus dem mitgebrachten Material eine Tanz-Performance als subjektiv wahrgenommene Momentaufnahme Afghanistans.
Eine Dokumentation im engeren Sinne will und kann das StĂŒck, fĂŒr dessen Text und kĂŒnstlerische Leitung Felix Meyer-Christian verantwortlich zeichnet, daher nicht sein. Die sich als “interdisziplinĂ€r” verstehende Performance arbeitet mit den Mitteln des zeitgenössischer Tanzes (Choreographie: Jascha ViehstĂ€dt), der Videoprojektion auf verschiedene FlĂ€chen und bietet einen teilweise stark ĂŒberhöhten Sound aus GerĂ€uschen des Alltags und militĂ€rischer AktivitĂ€ten sowie Musik. Auch der Alte Saal und das Foyer werden mit Installationen und dem Auftritt des Kinderchors einbezogen, der “Im FrĂŒhtau zu Berge” intoniert.
Auf der BĂŒhne nehmen Schauspieler die Rollen der interviewten Menschen ein, prĂ€sentieren sich als Boten aus einer anderen Welt, die sich als vielgestaltig und gegensĂ€tzlich, hĂ€ufig als diffus darstellt. Kritiker(innen) des herkömmlichen Frauenbilds in Afghanistan kommen ebenso zu Wort wie BefĂŒrworter der Taliban und der Scharia, Soldaten der Isaf-Truppen ebenso wie Zivilisten. In leidenschaftlichen Tanzsequenzen ahnt man traumatische Erlebnisse, wenn die Akteure in verzweifelten Bewegungen wie gegen eine unsichtbare Wand zu laufen scheinen.
Etwas erschlagen entlĂ€sst einen diese Inszenierung, bei der im dichten KnĂ€uel der atemlos einander abwechselnden Szenen und Fragmente die Orientierung bisweilen verloren geht. Dennoch: Ăberdeutlich und eindrucksvoll artikuliert sich am Ende die sorgenvolle Frage: Afghanistan, quo vadis? Es gelingen packende Bilder und eindringliche Momente, vor allem im Tanz, fĂŒr die dem Hamburg-Heidelberger Ensemble Lob gebĂŒhrt. Das Publikum zeigte sich mit langem, herzlichem Beifall sehr angetan.Â
Produktion: CONVERSION_1
Fonds Doppelpass // Kulturstiftung des Bundes // Theater und Orchester Heidelberg
Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11.07.2014
Conversion_1: Eine Ăra ist beendet, das Theater beginnt
Die Costa Compagnie feierte Premiere im ehemaligen US-Hospital in Heidelberg-Rohrbach.
Von Ingeborg Salomon
Erhellende Geschichtsbetrachtung an ungewöhnlichem Ort: Die Costa Compagnie erforscht die deutsch-amerikanischen Beziehungen in der Turnhalle des ehemaligen US-Hospitals in Heidelberg-Rohrbach.
Turnhallen haben nicht gerade das beste Image: staubig, muffig und oft an ungeliebte LeibesĂŒbungen erinnernd. Die Turnhalle des ehemaligen US-Hospitals in Heidelberg-Rohrbach macht da keine Ausnahme. Doch Theater-Macher erobern gerne auch ungewöhnliche Orte, deshalb wird die Turnhalle jetzt bei CONVERSION_1 zur BĂŒhne. Die rund 200 Premierenbesucher sahen sich am Mittwochabend zunĂ€chst etwas ratlos an: StĂŒhle gab es keine und Stehen kann mĂŒhsam werden. Doch Abhilfe nahte in Form von (mehr oder weniger) stabilen Papphockern, die, per Rollcontainer angekarrt, zudem den Vorteil hatten, mit den Zuschauern durch die Halle zu wandern. Denn einfach sitzen und gucken war gestern, heute wird performed, und dabei sind neben den Besuchern auch die Gedanken stĂ€ndig in Bewegung, getreu dem antiken Heraklit-Wort: “Alles flieĂt”.
Bei “Conversion_1” setzt die Costa Compagnie ganz auf Verschmelzung. Das groĂe Thema ist eine historische Spurensuche: Wie haben die Amerikaner und die Heidelberger sich gegenseitig erlebt? Welche Erinnerungen sind geblieben? Text, Bild, Musik und Tanz ĂŒberlappen sich, ebenso wie die Sprachen Deutsch und Englisch. Das bedeutet fĂŒr den Zuschauer, dass er seine Aufmerksamkeit irgendwie bĂŒndeln muss, zumal verschiedene Videos auf mehreren mobilen ProjektionsflĂ€chen zeitgleich ablaufen.
Gedreht wurde in Heidelberg und auf einer Recherchereise in die USA, das Endergebnis – eine “Chogeographie” – schreitet geographische und zeitliche RĂ€ume ab, immer auf der Suche nach der erlebten Erinnerung, die fĂŒr den Einzelnen die Wirklichkeit darstellt. Doch wie wirklich ist diese Wirklichkeit angesichts historischer Fakten? Obamas kerniges “Yes, we can” wird da ebenso hinterfragt wie die amerikanische und deutsche MilitĂ€rprĂ€senz in Afghanistan, die gerade endet. Kann man aus der Vergangenheit ĂŒberhaupt Erkenntnisse fĂŒr die Zukunft ziehen? Oder wiederholt sich Geschichte ohnehin nie? Die Costa Compagnie aus Hamburg stellt diese Fragen sehr deutlich und zeigt in vielen Sequenzen, dass es “die” historische Wirklichkeit, geschweige denn eine dokumentierte Wahrheit, nicht gibt.
Beispielsweise habe Condoleeza Rice erwartet, dass die Menschen im Irak die amerikanischen Soldaten als Befreier empfangen wĂŒrden, wie die Deutschen es 1945 getan hatten. Sie hat sich schwer geirrt, wie wir heute wissen.
Der KĂŒnstlerische Leiter Felix Meyer-Christian setzt die Mitglieder der Costa Compagnie eindrucksvoll in Szene, besonders die Tanz-Szenen zeugen von groĂer ProfessionalitĂ€t. Die meisten Zuschauer lieĂen sich auf die Regie-Anweisungen der Gruppe ein: Sie legten sich brav auf den ziemlich kalten Hallenboden, um amerikanische Landschaftsbilder an der Decke zu betrachten, und sie begaben sich widerspruchslos in einen aus weiĂen VorhĂ€ngen installierten Kubus. Abu-Ghuraib lĂ€sst grĂŒĂen? Oder doch nicht? Nach 110 kurzweiligen Minuten spendeten die Besucher herzlichen Applaus. 2015 folgt “Conversion_2”.Â
Ruprecht, Feuilleton, Heidelberger Studentenzeitung
http://www.ruprecht.de/?p=5597
Konversion mal anders
Im vergangenen Jahr zogen die US-Truppen endgĂŒltig aus Heidelberg ab. Nun setzt sich das Stadttheater in einem Langzeitprojekt mit dieser Vergangenheit auseinander.
26. Juli 2014
Von Michael Graupner
Aus den Kopfhörern ertönt ein dröhnender Bass. Langsam nimmt er den Rhythmus eines Pulsschlags an. Ein Triangelschlag erklingt. Plötzlich herrscht Stille. âHeidelberg is a beautiful place. I miss it sometimes somehow,â sagt eine Ă€ltere mĂ€nnliche Stimme. Der Triangelschlag erklingt erneut, der Bass setzt wieder ein. Ein krĂ€ftiger WindstoĂ wiegt die hochwachsenden StrĂ€ucher und BĂ€ume gegen das verlassene KrankenhausgebĂ€ude. Es riecht nach Löwenzahn.
Die AtmosphĂ€re ist eine ganz besondere wĂ€hrend des Audiowalks âBilder aus Morgenâ auf dem ehemaligen GelĂ€nde des US-Hospitals in Rohrbach. Er ist Teil eines groĂen Projektes des Theaters Heidelberg: WĂ€hrend die stĂ€dtebauliche Umwandlung der ehemaligen KasernengelĂ€nde in vollem Gange ist, blickt das Stadttheater zurĂŒck auf die fast 70 Jahre dauernde PrĂ€senz der US-StreitkrĂ€fte.
Zusammen mit der Costa Compagnie, einer Hamburger KĂŒnstlergruppe, hat man das Projekt âConversion â Eine deutsch-amerikanische Cho-Geographieâ initiiert. Die auf zwei Jahre ausgerichtete Kooperation, die erst durch eine Förderung der Kulturstiftung des Bundes ermöglicht wurde, will mit TanzauffĂŒhrungen und Installationen die PrĂ€senz des US-MilitĂ€rs in Heidelberg aufarbeiten. Als Basis dienen Interviews, die von Mitgliedern der Costa Compagnie in Heidelberg, den USA und in Afghanistan durchgefĂŒhrt wurden.
âDie zentrale Frage des Conversion-Projekts ist: Wie soll man erinnerungskulturell mit diesem historischen Umbruch umgehen?â sagt Katharina Kellermann, die den Audiowalk konzipiert hat. Ihr war es wichtig, nicht nur die Heidelberger zu fragen, welche Erinnerungen sie an diese Zeit haben. Dieses Mal standen die Amerikaner im Vordergrund. Fast alle haben fĂŒr einen gewisse Zeit auf den MilitĂ€rflĂ€chen gelebt.
Zu Beginn der Audiotour erhĂ€lt man einen MP3-Player, Kopfhörer und eine Karte, auf der die Route gekennzeichnet ist. DrĂŒckt man auf âPlayâ, ertönt der Pulsschlag. Amerikaner berichten ĂŒber die Kirche, die man als erstes passiert, die Turnhalle, in der sie spielten. Dann gelangt man zum Krankenhaus. Die Sirene eines Krankenwagens erklingt. Doch auch eigene Wege sind möglich: WĂ€hrend ĂŒber die Kopfhörer Protestsongs gegen den Vietnamkrieg laufen, kann man in die teilweise leer stehenden Kellergewölbe einzelner Baracken klettern.
So gelingt der Audiowalk vor allem deshalb, weil er eine perfekte Symbiose aus dem leerstehenden GelĂ€nde, den einzelnen Stationen und der durch die Natur hervorgerufenen AtmosphĂ€re entwickelt. Nach zwanzig Minuten steht man vor einer freien Wiese, Lautsprecherboxen ragen aus dem Gras. Der Blick wendet sich nun nicht mehr zurĂŒck, sondern nach vorn: Soll es ein Denkmal geben, um an die amerikanische PrĂ€senz zu erinnern? Die Antworten fallen unterschiedlich aus.
Die Denkmaldebatte spielt aber beim Conversion-Projekt nur am Rande eine Rolle. Zumindest die um ein festes, statisches. âErinnerung sollte viel mehr als ein Moment der Teilhabe betrachtet werden. Und das Theater eignet sich da besonders gut. Erst durch das Zusammentreffen kann Erinnerung entstehen. Sie wird so zum Ereignis,â sagt Felix Meyer-Christian, GrĂŒnder der costa compagnie, wĂ€hrend einer Podiumsdiskussion im Theater Heidelberg.
An diesem Abend geht es vor allem darum, das Conversion-Projekt auch wissenschaftlich zu rechtfertigen. So sitzen neben Meyer-Christian und Kellermann auch drei Historiker auf dem Podium. DĂŒrfen TheaterkĂŒnstler Geschichte schreiben? Eine Frage, die die anwesenden Historiker bejahen. âDie Geschichtswissenschaft sollte eine gewisse Offenheit gegenĂŒber anderen Darbietungsformen zeigen,â sagt Martin Klimke, Geschichtsprofessor an der New York University in Abu Dhabi. âGerade das Conversion-Projekt mit seinen ZeitzeugengesprĂ€chen bietet da eine ganz hervorragende Plattform.â Felix Meyer-Christian war selbst mit in den USA und hat die GesprĂ€che gefĂŒhrt. FĂŒr ihn haben sich an vielen Stellen Parallelen in der Arbeit des Historikers und des TheaterkĂŒnstlers ergeben: âBei der Auswertung der Interviews mussten wir uns von diesen Distanzieren und wurden dann aber gleichzeitig bei der Auswahl der Abschnitte wieder zu Akteuren. So stellten wir uns die Frage: Welche ErzĂ€hlung entwirft man von Zeitgeschichte?â Der GroĂteil der Interviews wurde dann nicht nur fĂŒr den Audiowalk verwendet, sondern vor allem fĂŒr die Tanzperformance âConversion_1â, die dieser Tage in der Turnhalle des ehemaligen US-Hospital-GelĂ€ndes aufgefĂŒhrt wurde.
Beim Betreten der Halle herrscht zunĂ€chst Verwunderung: Bis auf ein paar Projektoren und LeinwĂ€nde ist sie fast komplett leer. Wo sind die StĂŒhle, wo ist die BĂŒhne? Zumindest kleine Hocker werden auf einem Wagen angefahren. Als nach ein paar Minuten die ersten Zuschauer unruhig hin und her rutschen, erfolgt die erste Aufforderung, sich diagonal zur Turnhallenmarkierung zu platzieren. Es wird nicht die letzte Anweisung an diesem Abend sein. Die AuffĂŒhrung bietet insgesamt eine atemberaubende Mischung aus Tanz, Musik und Video. Die gefĂŒhrten Interviews werden vorgelesen, auf LeinwĂ€nden gezeigt und tĂ€nzerisch umgesetzt. Der Fokus richtet sich dabei nicht mehr so sehr auf die Anwesenheit der Amerikaner in Heidelberg. Im Laufe des Abends wird auch immer wieder die amerikanische MilitĂ€rprĂ€senz in Afghanistan und im Irak thematisiert.
Ist es dieser Aspekt, der einige Heidelberger nach etwa einer Stunde zum Verlassen der Halle treibt? Oder wohl doch eher die Anweisung, sich auf den Hallenboden zu legen? Nach kurzem Zögern folgen die meisten aber doch. Auf die untere Seite des Hallendachs werden Bilder einer kleinen Drohne projiziert, welche die KĂŒnstler in den USA und in Heidelberg aufgenommen haben. Am Ende steht man mitten in der Halle und ist umgeben von vier quadratisch von der Decke herunterhĂ€ngenden weiĂen VorhĂ€ngen. Das Licht geht aus und dem Zuschauer bleibt nichts anderes ĂŒbrig, als zu applaudieren.
Der Costa Compagnie und dem Theater ist es gelungen, die Heidelberger Geschichte der US-StreitkrĂ€fte der Ăffentlichkeit wieder ins GedĂ€chtnis zu bringen. Fortsetzung folgt: Im Oktober gibt es eine Wiederaufnahme des StĂŒcks und des Audiowalks, im nĂ€chsten Jahr folgt âConversion_2â. Dann geht es um Afghanistan.Â
Rhein-Neckar-Zeitung
http://www.rnz.de/heidelberg/00_20140616060000_110696358-Konversionsgeschichte-im-Gehen-Passt-gut-auf-d.html#ad-image-1
Konversionsgeschichte im Gehen: “Passt gut auf das GelĂ€nde auf”
Bei einer Audio-Tour ĂŒber das Hospital-GelĂ€nde hörten die Teilnehmer amerikanische Erinnerungen
16.06.2014
Von Steffen Blatt
Das war eine der ungewöhnlichsten Theaterproduktionen der letzten Jahre: Im Auftrag der StĂ€dtischen BĂŒhne konzipierte die Hamburger ‘Costa Compagnie’ eine Art Hörspiel, das am Freitagabend die Besucher ĂŒber das GelĂ€nde des ehemaligen US-Hospitals in Rohrbach fĂŒhrte
Der Andrang war groĂ, als das Hospital-GelĂ€nde in Rohrbach-SĂŒd am 15. November 2013 zum ersten Mal seit dem Abzug der US-Armee fĂŒr die Ăffentlichkeit zugĂ€nglich war. Damals gab es FĂŒhrungen und Fakten. Am Wochenende konnten sich die Heidelberger dem Areal auf ganz andere Weise nĂ€hern – bei einer Audio-Tour, bei der Menschen erzĂ€hlten, die frĂŒher dort stationiert waren.
Die “Costa Compagnie”, ein KĂŒnstlerkollektiv aus Hamburg, setzt sich im Auftrag des Heidelberger Theaters mit dem Thema Konversion, also der Nachnutzung der ehemaligen US-FlĂ€chen, auseinander. Die Mitglieder sprachen mit ehemals in Heidelberg stationierten Soldaten und ihren Familien, mit hochrangigen MilitĂ€rs, Wissenschaftlern, Polit-Aktivisten, MilitĂ€rgeistlichen, flogen dafĂŒr eigens in die USA. Die Interviewten sprachen ĂŒber ihr Leben wĂ€hrend der US-MilitĂ€rzeit, ĂŒber Begegnungen mit der jeweils anderen Kultur, ĂŒber Skepsis und AnnĂ€herung. Die Rechercheergebnisse flieĂen in eine groĂe AuffĂŒhrung ein, die unter dem Titel “Conversion_1” im Juli in der Turnhalle auf dem Hospital-GelĂ€nde Premiere hat. Katharina Kellermann, die Audio-KĂŒnstlerin der “Costa Compagnie”, entwarf zusĂ€tzlich eine Audio-Tour, bei der die Besucher am Wochenende das Areal erkunden konnten. Dabei hörten sie Originaldokumente, Musik und KlĂ€nge – eine Art Hörspiel im Gehen.
Start ist am ehemaligen Checkpoint am Eingang des GelĂ€ndes. Jeder bekommt eine Karte, auf der die Route eingezeichnet ist, einen MP3-Player und einen Kopfhörer. Ein Druck auf “Start”, und es ist ein Pulsschlag zu hören. Dann erzĂ€hlen die Amerikaner, ĂŒber die Kirche gleich am Eingang, in der Katholiken, Protestanten und Juden ihre Gottesdienste feierten. Ăber die Turnhalle, wo man Gymnastik machte oder die Tochter vom Training abholte. Ăber das BĂŒro, in dem der Vater arbeitete. Einige wissen alles noch ganz genau, bei anderen sind die Erinnerungen verblasst. Englische und deutsche SĂ€tze der Sprecher verbinden collagenhaft die verschiedenen Statements, Soundeffekte machen sie greifbar: ein startendes Flugzeug, Kirchenglocken, die Sirene eines Krankenwagens, ein Basketball, der auf dem Turnhallenboden geprellt wird. Als es um Proteste der amerikanischen Soldaten gegen den Vietnamkrieg geht, wird der “I-Feel-Like-I’m-Fixin’-To-Die-Rag” von Country Joe McDonald eingespielt, ein zynischer Kommentar der Woodstock-Generation, den die GIs auch in Heidelberg hörten.
Und immer wieder der Pulsschlag, der die Tour weiterfĂŒhrt. Schritte auf schmutzigem Asphalt. Sind es die eigenen oder ist es ein Sound? Einen Effekt hatte die “Costa Compagnie” mit Sicherheit nicht eingeplant: Der Wind, der ĂŒber das Hospital-GelĂ€nde streift, zieht an den Kopfhörern vorbei und erzeugt dieses typische Rauschen, das im Western Einsamkeit symbolisiert – Ă€uĂerst passend zu dem verlassenen US-Army-StĂŒtzpunkt.
Die Statements werden politischer: Einer erzĂ€hlt vom Wandel der Amerikaner von Besatzern zu BeschĂŒtzern, vom US-MilitĂ€r in Deutschland als AuĂenposten gegen den Ostblock. “Und ab 1990 blieb das US-MilitĂ€r hier, weil es nĂ€her zum Mittleren Osten ist.” So einfach kann es manchmal sein.
Nach knapp 21 Minuten ist Stille im Kopfhörer, die Teilnehmer stehen vor einer groĂen Wiese und schauen auf vier Lautsprecherboxen, die im hohen Gras stehen. Jetzt geht es um die Frage nach einem Denkmal, das die amerikanische PrĂ€senz in Heidelberg fassen könnte. Wie soll es aussehen, wo auf dem GelĂ€nde könnte es stehen? Die Antworten sind differenziert. Ein Denkmal soll zum Nachdenken anregen, dazu, sich mit Geschichte und unterschiedlichen Kulturen zu beschĂ€ftigen. “Nur das kann zukĂŒnftige Zerstörungen verhindern”, meint einer. Ein anderer findet, dass es genĂŒgen wĂŒrde, ein, zwei GebĂ€ude zu erhalten. Und zum Schluss hat ein GesprĂ€chspartner noch einen Auftrag fĂŒr die Heidelberger: “Passt gut auf das GelĂ€nde auf. Denn ich will eines Tages zurĂŒckkommen und selbst noch einmal drĂŒberlaufen.”Â
Produktion: DIE GROSSE ZOOLOGISCHE PANDEMIE
Staatstheater Mainz
Die groĂe zoologische Pandemie â Die grelle UrauffĂŒhrung des EinbruchsstĂŒcks der Hausautorin Natascha Gangl
Worte wie NĂŒsse knacken
von Shirin Sojitrawalla
Mainz, 17. April 2014
Es geht, grob gesagt, um (Ein-)BrĂŒche aller Art: um den Wohnungseinbruch wie den Einbruch eines Virus, das Einbrechen einer Beziehung wie den Bruch mit Konventionen, den Zusammenbruch von Systemen wie den Einbruch in fremde RĂ€ume etc. pp. In ihrem Text mit dem schön sperrigen Titel “Die groĂe zoologische Pandemie” umkreist die Mainzer Hausautorin Natascha Gangl ihr Sujet mit spitzfindigem Sprachwitz und jelinekschem Furor. In sechs Kapiteln und einem Abgesang entwickelt Gangl einen ganzen Zoo an Bedeutungen und VerknĂŒpfungen, Referenzen und Assoziationen. Das macht sie pointiert, sprachbewusst und lebensklug. Nicht weniger als der Zustand der kleinen und der groĂen Welt steht bei ihr auf dem Spiel.
GroĂmĂ€ulig ideenreich
Regisseur Felix Meyer-Christian verteilt ihren Text auf vier Schauspieler, wobei Monika Dortschy als mondĂ€nes Fabelwesen am Rande in wechselnden KostĂŒmierungen eindrĂŒcklich in Erscheinung tritt. Derweil verausgaben sich, kaspern und turnen die drei anderen, Nora Decker, Stefan Graf und Mathias Spaan, gekonnt durch den ebenso groĂmĂ€uligen wie ideenreichen Abend. Die entschiedenen Vagheiten des Textes nimmt die spielfreudige Inszenierung als Steilvorlagen und fĂŒhrt das von der Autorin begonnene Spiel mit den Bedeutungsebenen lustvoll fort. Die BĂŒhne auf Deck 3, dem Spielort unterm Dach des GroĂen Hauses, ist ein weiĂer Raum, im Hintergrund leuchtet eine weiĂe Leinwand, die spĂ€ter mit Videoeinspielungen (Jonas PlĂŒmke) gefĂŒllt wird.
Diese Videos erweitern den Spielraum; Szenen werden dort fortgefĂŒhrt, vervollstĂ€ndigt oder auch gedoppelt. So entsteht eine Welt hinter den Spiegeln, wo eine Geisterbraut und ein weiĂes Kaninchen von fernen oder kĂŒnftigen Zeiten kĂŒnden. Davor rast Stefan Graf hochtourig und atemlos von einem Statement ins nĂ€chste, gibt Nora Decker die kernig rotwangige Hyperaktive und lĂ€sst der springteufelartige Mathias Spaan mit leuchtenden Augen so ziemlich alles mit sich machen.
Als es im Kapitel Krankheit auch um unseren tĂ€glichen Tanz um die Gesundheit geht, spannen die drei den Beckenboden an und prĂ€sentieren sich in kreischfarbenbunten TarnanzĂŒgen (KostĂŒmrausch: Zahava Rodrigo) als Vorturner der Nation. Dabei knackt der Text immer wieder Worte wie NĂŒsse und entblöĂt freudig ihre doppeldeutigen Kerne. Furchtbar und fruchtbar sind bekanntlich nur eine r-Drehung voneinander entfernt, und so gebĂ€ren die MĂ€nner widerlich blutverschmierte Gummitiere, die sie liebhaben wie Menschenaffen. Jeder von ihnen will das Kind sein, und alle wollen mal bemitleidet werden, weswegen sie die Verantwortlichkeiten wechseln, bis Monika Dortschy ein Gutemachtwort spricht und die lieben Kleinen in den Schlaf der Ahnungslosen schickt. Vor den Geburten aber, quasi um das Kapitel Familie gebĂŒhrend einzuleiten, gibt es noch eine liebevoll geile Knutscherei im menage Ă trois-Format.
Als Zuschauer versteht man mal gar nichts, mal ahnt mal alles. Das geht zwar nicht die ganzen zwei Stunden lang gut, die es wĂ€hrt, aber was geht schon zwei Stunden lang nur gut? Der Abend besticht auf jeden Fall immer wieder mit seiner unbĂ€ndigen Unterhaltsamkeit, die den unterschiedlichen Temperaturen des Textes gerecht wird und gleichzeitig ĂŒber die Vorlage hinausweist. Dabei gebiert die Inszenierung ganz eigene Bilderwelten, die zwischen Wirklichkeit und Traum delirieren.
Zu Beginn haben alle Zuschauer zudem einen weiĂen Schutzanzug erhalten, den die meisten auch brav ĂŒbergestreift haben. Bis zum Ende fragt man sich, was das Ganze soll, doch spĂ€ter werden zusĂ€tzlich noch Masken verteilt und alle, die zuvor im Dunklen saĂen, strömen nun ins Helle auf die BĂŒhne, wo dichter Nebel empor dampft und klaustrophobische Einsamkeit auslöst. Wer sich umblickt, fĂŒhlt sich zu gleichen Teilen in der Masse geborgen wie verloren. Ăberall verschiedenartig Gleichgesichtige, die auch nicht wissen, wohin. Wer wieder im Zuschauerraum Platz nimmt, sieht sich einer gespenstisch glotzenden Engelsschar gegenĂŒber; ein stumm staunender Schlusschor, der dem Abend ein hĂŒbsches Krönchen aufsetzt.
âFelix Meyer-Christian betont den flotten Rhythmus noch, wenn er seine formidablen Darsteller wie eine hyperaktive Turnmannschaft durch den weiĂen Raum toben lĂ€sst. (…) Diese Aufgeregtheit ist sehr unterhaltsam anzuschauen, wenngleich man nicht immer allen Wortverdrehungen, Doppeldeutigkeiten und Assoziationen folgen kann.â
Christian Friedrich, FAZ Rhein-Main, 19. April 2014
âEr [Felix Meyer-Christian] nimmt die Vorlage als Sprachpartitur und lĂ€sst das Ensemble damit regelrecht rocken. (…) Was Nora Decker, Mathias Spaan und Stefan Graf an Kabarett, Clownerie und Zirkusartistik auffĂŒhren, ist mitreiĂend â eine Power-Performance, bei der selbst verschwurbelte Gedanken mit enormer Dringlichkeit dargeboten werden.â
Stefan Benz, ECHO, 23. April 2014Â
Produktion: FUKUSHIMA, MY LOVE
Fleetstreet Theater Hamburg Residency Program
Gastspiele am Theater Bremen (Outnow), Nationaltheater Weimar (Kesselsaal), Thalia Theater Hamburg (150% Prozent), Theater und Orchester Heidelberg (Doppelpass)
Rhein-Neckar-Zeitung, 04.10.2013
“Fukushima, my love“: Die dritte Atombombe fĂŒr Japan
von Heribert Vogt
Ein Theaterabend, der einem wirklich die Schuhe auszieht. ZunĂ€chst im direkten Sinn, denn vor Betreten der SpielstĂ€tte mĂŒssen die Besucher nach japanischer Sitte ihre Schuhe abstellen. Aber dann zieht die AuffĂŒhrung “Fukushima, my love” dem Besucher auch insofern “die Schuhe aus”, als sie die massenmedial verbreiteten – und schon gewohnten – Bilder von der Atomkatastrophe in Japan durchbricht und ihre schrecklichen Auswirkungen ganz nah herankommen lĂ€sst.
Mit dieser eindrucksvollen Tanz-Performance stellte sich die Hamburger “costa compagnie” erstmals als Kooperationspartner des Heidelberger Theaters vor. Denn das Gastspiel bildete den Auftakt des zweijĂ€hrigen gemeinsamen Projekts “Conversion”, das die vergangene PrĂ€senz der Amerikaner in Heidelberg mit einer Reihe von BĂŒhnenarbeiten untersucht. Gefördert wird diese Zusammenarbeit durch den Fonds Doppelpass der Bundeskulturstiftung.
Einen Vorgeschmack auf ihr “Konzept einer ArchĂ€ologie der Gegenwart” gab die Theaterformation jetzt mit der “Fukushima”-Inszenierung von Felix Meyer-Christian. Denn aus der alltĂ€glichen Wahrnehmung “ausgegraben” wurde die weitgehend verdrĂ€ngte tödliche Dimension der atomaren Havarie. Nachdem man die Schuhe ausgezogen hat, betritt man eine andere Welt, die nichts mehr mit dem Alltag da drauĂen zu tun hat. Man befindet sich in einem groĂen, ganz in weiĂ gehaltenen rechteckigen Raum mit hohen WĂ€nden, der fast leer ist. Nur ebenfalls weiĂe Styropor-WĂŒrfel bieten den Zuschauern mobile Sitzgelegenheiten.
Aber diese Welt ist nicht nur unwirtlich, sondern offenbar auch ganz aus den Fugen geraten, wie der wiederum weiĂe Boden andeutet (BĂŒhnenraum: Anika Marquardt / Lani Tran-Duc). Er ist nicht eben, sondern besteht aus zahlreichen rechteckigen FlĂ€chen ganz unterschiedlicher Höhen – als hĂ€tte eine dunkle Macht die begehbare OberflĂ€che komplett verschoben. Irgendwo in der Mitte dieser BodenflĂ€chen ist ein leeres Loch ausgespart, das fĂŒr die unheilvollen AbgrĂŒnde des NuklearunglĂŒcks stehen mag.
Zu den einprĂ€gsamsten Szenen des Abends zĂ€hlt das schon fast laokoon-artig verstrickt wirkende Miteinander von vier Akteuren, die sich dagegen wehren, in diesen Abgrund hineingezogen zu werden. Die drei TĂ€nzer Signe Koefoed, Robert Bell und Jascha ViehstĂ€dt sowie die beiden Performer Maria Walser und Dennis Pörtner sind ansonsten fast immer isoliert unterwegs oder fĂŒhren in zergliederten Aktionen synchrone, maschinell wirkende Bewegungen aus. Dabei tragen sie lockere Alltagskleidung mit wenigen japantypischen Akzenten (KostĂŒm und BĂŒhnenraum: Anika Marquardt/Lani Tran-Duc).
Alle SinnzusammenhĂ€nge sind hier zersprengt, und ihre BruchstĂŒcke werden im steril wirkenden Raum der AuffĂŒhrung disparat montiert. Dazu zĂ€hlen etwa die so unwegsam arrangierten BodenflĂ€chen, aber der Theaterabend konfrontiert noch mit ganz anderen BruchstĂŒcken: mit TextflĂ€chen aus japanischer Mythologie und Literatur, fremdartig wirkenden KlangflĂ€chen (Musik und Sounddesign: Katharina Kellermann), riesigen VideoflĂ€chen aus dem japanischen Alltag auf zwei gegenĂŒberliegenden WĂ€nden (Video: Jonas PlĂŒmke) und eben auch so fremdartigen wie faszinierenden BewegungsflĂ€chen der Akteure.
FĂŒr diese groĂe BĂŒhnencollage, in der auch die Zuschauer unterwegs sind, hat die Theatergruppe anderthalb Jahre nach der Fukushima-Katastrophe in Japan recherchiert und dokumentarisches Material gesammelt. In dem dargebotenen Sinnenrausch transportiert es ein eigenstĂ€ndiges Bild des fernen Inselstaats und seines Umgangs mit der letztlich unsagbaren Bedrohung. Nur ahnen lassen sich die Gefahren durch Verstrahlung etwa fĂŒr Leib und Leben von Kindern oder jungen Frauen in der Umgebung des Atomkraftwerks. Und hĂ€u-fig kommt Hiroshima zur Sprache, dessen Leid heute kaum noch in Worte gefasst werden kann. So wird denn auch einmal Fukushima nach Hiroshima und Nagasaki als “dritte Atombombe” fĂŒr Japan bezeichnet.
Unfassbar und unsichtbar bleibt die verheerende Strahlung letztlich auch an diesem knapp zweistĂŒndigen Abend. Aber die zeitarchĂ€ologische AnnĂ€herung an den glĂŒhenden Kern der Katastrophe durch die Hamburger GĂ€ste sorgte doch fĂŒr eine ganz erhebliche Sensibilisierung hinsichtlich der fatalen Konsequenzen – denn man fĂŒhlte sich doch stark an das nahe Tschernobyl von 1986 erinnert.
Nun darf man gespannt sein, was die neue Kooperation zwischen Heidelberg und Hamburg zur fast 70-jĂ€hrigen PrĂ€senz der Amerikaner auf der BĂŒhne zutage fördert.Â
Die Welt, 19.01.13
Japanischer Atomschmerz
Fukushima-Performance der Costa Compagnie im Fleetstreet Theater
Von Stefan Grund
Diese Performance erhellt den Schatten, den sie vorauswirft. “Fukushima, my love” hat Theatertruppen-Leiter Felix Meyer-Christian sein StĂŒck genannt, eine Anspielung auf den Film “Hiroshima, mon amour”, den Regisseur Alain Resnais nach dem Buch von Marguerite Duras 1959 ins Kino brachte. Duras und Resnais nĂ€herten sich der Zerstörung Hiroshimas durch die Atombombe kĂŒnstlerisch ĂŒber den Spiegel einer Liebesgeschichte. Meyer-Christian und seine Costa Compagnie treten von heute an im Fleetstreet-Theater in der AdmiralitĂ€tsstraĂe umsichtig und kĂŒnstlerisch vielschichtig an die Dreifachkatastrophe von Fukushima und ihre Folgen heran – und schlagen den Bogen zu Hiroshima.
Das Erdbeben, der Tsunami und die Zerstörung der Atommeiler in Fukushima liegen anderthalb Jahre zurĂŒck. Sieben TĂ€nzer, Performer, Musiker und VideokĂŒnstler, machen diverse Erfahrungen mit Blick auf die Katastrophe fĂŒr 45 Zuschauer pro Abend nachfĂŒhlbar. “Sinnlich-essayistisch” soll laut Untertitel erzĂ€hlt werden. Dabei greift das StĂŒck auf Videomaterial zurĂŒck, das Meyer-Christian im Oktober vergangenen Jahres auf einer dreiwöchigen Recherche-Tour durch Japan aufzeichnete. AnschlieĂend begann er damit, auf der Basis von 35 gefilmten Interviews, den Theatertext zu schreiben. Im Dezember erarbeitete der Absolvent des Hamburger Regiestudiengangs dann gemeinsam mit der vollen Besetzung von 14 Beteiligten die Performance.
Das zentrale, klassische ErzĂ€hlelement des Abends ist der Botenbericht aus dem antiken Theater. Was der moderne Bote aus dem heutigen Japan mitbringt, ist neben den messbaren Folgen der Verstrahlung der Versuch, den gesellschaftlichen Umgang mit dem PhĂ€nomen Fukushima im Land der Betroffenen zu begreifen. “Im Gegensatz zum Westen, wo das Individuum im Mittelpunkt aller Ăberlegungen steht, empfindet sich der Japaner zunĂ€chst als dienendes Mitglied der Gemeinschaft und denkt von auĂen nach innen”, erzĂ€hlt Meyer-Christian, “wobei die Reihenfolge der Ăberlegungen folgende ist: Was bedeutet das erstens fĂŒr mein Land, zweitens fĂŒr meine Region, drittens fĂŒr meine Nachbarschaft und Familie und viertens fĂŒr mein berufliches Umfeld. Erst danach gestattet der Japaner es sich, an sich selbst zu denken.” Alle Ăberlegungen seien dabei eng mit den alltagsprĂ€genden Religionen Shinto und Buddhismus verknĂŒpft, so der Autor, selbst die Geschichtsschreibung sei erzĂ€hlend und den im Alltag gegenwĂ€rtigen Mythen verbunden.
Aktivisten gegen die Atomenergie gerieten leicht ins soziale Abseits, berichtet der Autor von seiner Reise. So habe er einen Mann kennengelernt, der es Kindern aus stark verstrahlten Gebieten in Fukushima ermöglicht, fĂŒr einem Monat im Jahr die Stadt zu verlassen und damit der Strahlung zu entkommen. Von Professoren der stĂ€dtischen UniversitĂ€t wurde dieser Mann deshalb als regierungskritisches Subjekt betrachtet, dem man sich mit Vorsicht zu nĂ€hern habe. Dennoch gebe es gerade unter Studenten Protest nach westlichem Muster, insgesamt nicht mehr als die Keimzelle einer Anti-AKW-Bewegung, die jedoch auf dem betroffenen Land um Fukushima herum kaum Resonanz fĂ€nde. Die Studenten unterstĂŒtzten Meyer-Christian bei seiner Recherche. Eine Studentin dolmetschte, denn auf dem Land, auch im Gebiet in der 20-Kilometer-Sperrzone um die Reaktoren herum, spricht kaum jemand Englisch oder gar Deutsch.
Die dramatische Lage vor Ort, die kulturellen Unterschiede in der BewĂ€ltigung sollen nun in der rund zweistĂŒndigen Performance (ohne Pause) dem Publikum vermittelt werden. Dabei setzt die Costa Compagnie auf die Gleichberechtigung von Tanz und essayistischem Text. Sie folgt in ihrer Arbeit der grundsĂ€tzlichen Fragestellung: “Was ist der Mensch in der Katastrophe?”, die hier konkretisiert lautet: “Was ist der Japaner in der Katastrophe?”
Ganz bewusst hat sich Meyer-Christian, der hier nicht als Regisseur, sondern neben seiner Funktion als Autor als Gestalter im GesprĂ€ch mit der Compagnie auftritt, vor seiner Arbeit keine anderen Tanztheater-Produktionen oder Performances, beispielsweise aus Tokio, zum Thema Fukushima angesehen. Auch Elfriede Jelineks Drama “Kein Licht”, das Fukushima-StĂŒck der LiteraturnobelpreistrĂ€gerin, das die kommende Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier 2011 in Köln urauffĂŒhrte, habe er bewusst nicht vorher gelesen, um sein Denken nicht in vorbestimmte Bahnen lenken zu lassen, erzĂ€hlt Meyer-Christian.
Vor der heutigen Premiere bereiteten sich alle am StĂŒck Beteiligten mit einer 72-stĂŒndigen “ArchĂ€ologie” im Theater (inklusive Ăbernachtung im Schlafsack) auf die AuffĂŒhrung vor, um im Sinne einer “ArchĂ€ologie der Gegenwart” weitere Aspekte des Themas freizulegen. Ermöglicht wurde die Produktion durch ein Stipendium des Fleetstreet Resident Program, von der Kulturbehörde, der Hamburgischen Kulturstiftung und der Rudolf Augstein Stiftung.Â
Now!Out, 10.06.2013
the daily Paper of the OUTNOW! festival 2013
FUKUSHIMA, MY LOVE
Im Kleinen Haus des Theaters Bremen erinnert die costa compagnie an das ReaktorunglĂŒck in Fukushima und bringt dem Publikum die japanische Kultur nĂ€her
von Carolin Nieder
Japan erlebte im zweiten Weltkrieg zwei atomare Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki durch die USA. Als dritte Atombombe gilt der Super-GAU in Fukushima. Eine japanische Metapher fĂŒr diese Bomben ist Godzilla. Auch er findet seinen Weg auf die BĂŒhne von âFukushima, my loveâ.
Die costa compagnie vermittelt in âFukushima, my loveâ AnsĂ€tze, um das japanische UnglĂŒck besser verstehen zu können. Was ist der Mensch in der Katastrophe? Felix Meyer-Christian, GrĂŒnder der costa compagnie, wollte es wissen und reiste im Oktober 2012 nach Japan. Er kam mit Interviews, Geschichten und Aufnahmen zurĂŒck, die als Grundlage fĂŒr âFukushima, my loveâ dienen. Tanz, Installation, Theater, Video und Musik sind zu einer rund 110-minĂŒtigen Performance verknĂŒpft, die ihren Reiz nicht zuletzt aus dem interessanten Raumkonzept bezieht. Das Publikum befindet sich auf der BĂŒhne und wird durch Standortwechsel Teil einer situativen Installation.
Eine wichtige Erkenntnis, die das StĂŒck vermittelt, ist die StĂ€rke, die der Mensch durch Zusammenarbeit erfĂ€hrt. âDas Kollektiv findet seine ErfĂŒllung in der Katastropheâ, in der sich das Individuum auflöst. Ein Teil der Frage, was der Mensch in der Katastrophe sei, wird dadurch beantwortet. Doch âfĂŒr eine Frage gibt es kein Endeâ, denn alles erscheint zu komplex und eine jede Zukunft ungewiss, dass man fĂŒr eine Frage keine endgĂŒltige Antwort findet.
Die Namensgebung des StĂŒcks hĂ€tte nicht treffender sein können. âFukushima, my loveâ zieht eine Parallele zu dem Film âHiroshima, mon amourâ. Neben Fukushima spielt Hiroshima in dem StĂŒck der costa compagnie eine groĂe Rolle. Eine Mischung aus Mythologie, Wissenschaft und RealitĂ€t macht das StĂŒck zu einem bunten, aber auch bedrĂŒckenden Erlebnis. Doch vor allem Hoffnung wird in âFukushima, my loveâ deutlich. Die Interviews sind so gewĂ€hlt, dass StĂ€rke und Zuversicht mitschwingen. Durch die Bewegungen der drei TĂ€nzer wird dieser Eindruck noch verstĂ€rkt. Trotz groĂem Kraftaufwand wird nicht aufgegeben. âFukushima, my loveâ vermittelt kunstvoll Wissen, GefĂŒhl und VerstĂ€ndnis zu Fukushima und der japanischen Kultur. Besonders hervorzuheben ist die Leistung des Ensembles, das das Publikum durch teils waghalsige Darbietungen in Spannung versetzt. Eine vermittelnde Performance der Extraklasse!Â
Produktion: DIE GROSSE ZOOLOGISCHE PANDEMIE (Werkstattinszenierung)
Staatstheater Mainz
Mainzer-Rhein-Zeitung, 23.09.2012
Auf Deck 3 ist FlexibilitÀt
von Eva Szulkowski
(…)Mit grellweiĂer Kulisse, quietschbunten Requisiten und jeder Menge Sauerei wurde das Deck 3 im Handumdrehen zur grellbunten Spielwiese fĂŒr einsatzfreudige Schauspieler und wilde Ideen.
“Die groĂe zoologische Pandemie” (Text: Natascha Gangl, Regie: Felix Meyer-Christian) ist in etwa so, wie sich der Laie “modernes Theater” vorstellt: Bunt, laut, bruchstĂŒckhaft und undurchschaubar, aber nichtsdestotrotz ein HeidenspaĂ. Es geht um den Einbruch – in HĂ€user, in Körper, in fremde LĂ€nder, um diesen Moment der Verstörung, der alles verĂ€ndert. Mit dabei: Schlagzeugspielende Orang Utans und rosa Karnickel, die Wutreden schwingen. Erst bittere, stille Poesie, dann grelle, laute Anarchie: Ein furioser kĂŒnstlerische Grundstein fĂŒr die neue BĂŒhne, der Lust auf mehr macht.Â
Produktion: HERZ DER FINSTERNIS
Lichthof-Theater Hamburg & Maxim Gorki Theater Berlin
Hamburger Abendblatt, 12.09.2012
Von der Angst vor dem Fremden und der Wildnis
“Herz der Finsternis” im Lichthof ist ein gekonnt inszenierter Trip ins Grauen
von Klaus Witzeling
HAMBURG. Eine Kunststoffplane verdeckt im Lichthof-Saal riffartig aufragend die ZuschauertribĂŒne. Die Besucher stehen ratlos vor dem Hindernis. Sie fĂŒhlen sich fremd, unbequem ohne Sitzgelegenheiten, wie ausgesetzt. Ăhnliche Orientierungslosigkeit empfand wohl KapitĂ€n Marlow bei seiner Ankunft im Kongo in Joseph Conrads ErzĂ€hlung “Herz der Finsternis”.
Auf den Spuren von dessen Flussreise steigert Felix Meyer-Christian in seiner Multimedia-Performance nach Conrads Stoff die Dosis an Irritationen: mit erzĂ€hlten Schreckensszenen, grotesken TĂ€nzen und dem tödlichen Schlussritual gespenstischer Lemuren. Er zeigt im szenischen Essay ĂŒber die Angst vor dem Fremden und die anmaĂende Herrschaft der Kolonialherren ĂŒber die “Wilden”, wie “zivilisierte” Menschen Schritt fĂŒr Schritt zu den von ihnen verachteten, versklavten und vernichteten “Monstern” mutieren.
Ein Dutzend Donnerbleche begrenzt in der Rauminstallation von Eylien König die SpielflĂ€che, bildet den undurchdringlichen Wall des Urwalds und dient zugleich als ProjektionsflĂ€che fĂŒr Signe Koefoeds atmosphĂ€rische Videomontage. Die beĂ€ngstigend intensive TĂ€nzerin und Choreografin – inspiriert durch Afro-Tanz und den an Exzess und Körpergrenzen rĂŒhrenden japanischen Butho – verkörpert das Fremde in der Konfrontation mit den die Conrad-Prosa sprechenden Schauspielern Lisa Flachmeyer und Meyer-Christian.
Der Regisseur, fĂŒr den erkrankten Paul Walther eingesprungen, las zwar den Text, agierte jedoch mit, sodass der Trip ins Grauen ungehindert seinen Sog entfalten konnte. So spannte Meyer-Christian in der Szenen-Collage auch den Bogen von den mörderischen Machenschaften der weiĂen ElfenbeinhĂ€ndler bis zu den skrupellosen Waffenschiebern in gegenwĂ€rtige Kriegszonen.
In der zuweilen quĂ€lend rituellen “Austreibung des Bösen” macht es Felix Meyer-Christian, ein entschiedener Moralist, weder sich noch dem Publikum einfach. Doch packt er am konzessionslosen Abend, Ă€hnlich seinen anderen historisch-kritischen Recherchen, ein verdrĂ€ngtes heiĂes Thema an. Und baut – mit gedanklicher SchĂ€rfe und kĂŒnstlerischer WiderstĂ€ndigkeit – eine artistische Stromschnelle in den sich konsumfreundlich und trĂ€ge dahin wĂ€lzenden Theater-Mainstream. (-itz)Â
Produktion: ARCHE.ZONE – CHERKIZOV REVISITED
Joseph Beuys-Theater & Sakharov-Centre Moscow, Russia
The Moscow Times, 27 February 2012
Theater Plus / Drama Critic John Freedman about Culture and Art in Russia
Breaking Down the Barriers of Theater
By John Freedman
(…) Next up was “Cherkisov Revisited,” a performance-installation, if I may put it that way, conceived by Felix Meyer-Christian, Eylien Konig, Karolina Mazur and Alexei Kukarin. This was ostensibly an exploration of the effect that the controversial closing of the Cherkizovsky open-air market had on those who had worked there, although nothing so obvious and concrete emerged from the performance we witnessed. It included documentary texts drawn from interviews with a former market worker, and excepts from the writings of Chingiz Aitmatov.
The audience wandered about the stage, stopping to peruse a sculptural ensemble of pedestals in the center of the hall; to watch excerpts from Andrei Tarkovsky’s film “Stalker” on a computer in one corner; to watch videos of the old Cherkizovsky market projected on the floor in another corner; to listen to a women reading text in Polish as a Russian interpreter provided simultaneous translation; and to observe an oversized polyethylene bag as it came to life and crawled across the floor.
There was no center of attention and, during a discussion afterwards, director Meyer-Christian admitted he was surprised and even a little disappointed that some elements of his work were basically ignored by spectators. Much was made of the odd figure of the sack making its way across the floor. Some were surprised that no one bothered to open the bag and look inside â clearly there was a person in there, perhaps someone who needed to be liberated. Others pointed out that some spectators stood in the way of the bag and hindered its forward movement. Was this an act of curiosity, indifference or hostility? (…)Â
Produktion: KOHLHAAS. FREI NACH KLEIST.
Kampnagel Hamburg (02/2012) & Körber Studio Junge Regie am Thalia Theater Hamburg (04/2012)
Jurytext zur Auswahl zum Körber Studio Junge Regie 2012
20. Februar 2012
von Michael Laages
âFrei nach Kleistâ gibt sich Felix Meyer-Christians Spielfassung von Heinrich von Kleists auch und gerade heute, in Zeiten neuer Revolten, wieder hoch modernem Text ĂŒber den mörderischen Aufruhr des Rechtsfanatikers Michael Kohlhaas zwar im Titel – aber Kleists Text vertraut der Regisseur zutiefst. Das ist eine der zentralen QualitĂ€ten dieser Abschlussinszenierung an der Hamburger Theater-Akademie: das Material, den Kern der Erregung, nie sehr weit auĂer Sicht- und Hörweite geraten zu lassen; und drum herum doch eine bilderstarke Phantasie vom erzgerechten, notfalls auch ĂŒber Leichen gehenden Wahrheitswahn erstehen zu lassen.
Eine Art Baumstamm (aus der Reihe derer, die rechts hinten im Nebel bleiben â als stĂŒnden sie schon da fĂŒr Schillers ‘RĂ€uber’ in böhmischen WĂ€ldern) wird zur Scheidemarke zwischen Gut und Böse, Gerecht und Falsch; wer den Stamm gesetzt, hat Macht. Oder er verliert sie gleich. Doch Kohlhaas wird im Aufopfern alles Hab und Guts auch zum schwebenden Engel der Gerechtigkeit. All das sind Bilder von starker ikonischer Wirkung; und mit dem auĂerordentlich bemerkenswerten Ensemble (der âcosta compagnieâ) gelingt sogar die immer sehr komplizierte Volte ins Politische gegen Ende â sie beginnt mit Martin Luthers Eintreten in die Handlung und endet mit einer Art Verschwörungstheorie: der Causa Kohlhaas als staatspolitischer RankĂŒne und dem Beschwörer von Recht und Billigkeit als armem Bauernopfer. Das ist ein durchweg starker Zugriff auf Kohlhaas und Kleist mit den Mitteln des Theaters.Â
Hamburger Abendblatt, 07. April 2012
Nachwuchs zeigt sich politisch
von Klaus Witzeling
(…) Dennoch zeichnete sich ein verbindendes Thema ab und signalisierte die politisch bewusste Haltung der Nachwuchsregisseure: der Protest gegen herrschende Systeme. Egal, ob an Fassbinders âAnarchie in Bayernâ, im dokumentarischen Projekt âBahar und Omidâ ĂŒber ein Geschwisterpaar in Teheran oder an Kleists âMichael Kohlhaasâ abgehandelt wurde â ĂŒbrigens eine reife und heutig reflektierte Interpretation des Novellenstoffs von Felix Meyer-Christian von der Hamburger Theaterakademie.(…)Â
Die Welt, 05. April 2012
Mit Haut und Haar dem Theater verschrieben
Jubel, TrĂ€nen und Stirnrunzeln bei der groĂen Theater-Nachwuchsschau des Körber Studios Junge Regie
Von Frank Keil
(…) Ăberzeugend auch “Kohlhaas. Frei nach Kleist” von Felix Meyer-Christian von der Hamburger Theaterakademie, der zeigte, dass ein sorgsam karges BĂŒhnenbild wahre Wunder wirken kann, wenn einer es versteht, seine Spieler zu leiten – und umgekehrt. (…)
20. Februar 2012
Keime der Revolution
von Birgit Schmalmack
Revolution kennt zwei ZustÀnde: Wut und Hoffnung. Von Kohlhaas ergreifen sie erst allmÀhlich Besitz.
Auf der schwarzen BĂŒhne ragen Holzbalken bis zur Decke, zu SĂ€ulen aufgestellt. Rauchschwaden umziehen sie. Die Pfeiler einer Gesellschaft, welche sind es? Ab welchem Moment geraten sie ins Wanken? Wann beschlieĂen die Untergebenen aufzubegehren gegen die ZustĂ€nde?
ZunĂ€chst glaubt Kohlhaas (Dennis Pörtner) noch an die Gerechtigkeit. Noch vertraut er den Gesetzen, der Ordnung, dem Staat. Erst als ihm in seinem Prozess diese Gerechtigkeit verwehrt wird und seine geliebte Frau Lisbeth von Vertretern dieses Staates so schwer verletzt wird, dass sie stirbt, wird er zum Aufbegehrenden. Er wird zum Racheengel. Hoch schwebt er ĂŒber der BĂŒhne, nackt in seinem Zuggeschirr. Er sieht sich als Engel Michael, der Rache nimmt fĂŒr die Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren ist. Er schart hinter sich tausende von Unzufriedenen, die unter seiner FĂŒhrung Herrschende zur Rechenschaft ziehen, auf ihre MissstĂ€nde unmissverstĂ€ndlich hinweisen wollen und dafĂŒr StĂ€dte niederbrennen.
Ist dieser alles MaĂ verlierende Kohlhaas ein Gerechter? Ist er ein KĂ€mpfer, der stellvertretend fĂŒr viele zur Waffe greift, weil alle anderen Mittel versagt haben?
Regisseur Felix Meyer-Christian hat wie Kleist eine eindimensionale Beantwortung dieser Frage in seiner Diplom-Inszenierung klug vermieden. Er zeigt Herrscher und RevolutionĂ€re, die sich gleichermaĂen stark von ihren ganz persönlichen Lebenszielen und strategischen MachtwĂŒnschen treiben lassen. VerstĂ€ndnis fĂŒr Kohlhaas Aufbegehren wird ebenso erzeugt wie sein Getriebensein durch allzu groĂe EmotionalitĂ€t deutlich wird. Meyer-Christian bedient sich nicht nur fĂŒr die Textgrundlage einer breiten Sammlung an ĂuĂerungen zum Thema Revolution, (u.a. von Alexander Kluge, BrĂŒggemann, Martin Luther) sondern einer Vielfalt von anregenden Regiemitteln. Mal lĂ€sst er unheilschwanger die schwarz gekleideten Vertreter des Staates aus dem dunklen Nebel hervortreten, mal reiht er sie wie Witzfiguren auf einem Balken fĂŒr ihre Gerichtsshow an. Sprechende Bewegungschoreographien erzeugen immer neue Stimmungen. Unterlegt wird alles von einem mal sĂ€uselnden, mal zwitschernden, mal bedrohlichen, mal vibrierenden Klangteppich der Theatermusikerin Katharina Kellermann. VordergrĂŒndig prunkvolle KostĂŒme enttarnen die Oberen.
Meyer-Christian hat hervorragende Schauspieler (Ana Berkenhoff, Sebastian Klein, Miriam Joya StrĂŒbel) fĂŒr seine Inszenierung gewinnen können. Sie springen in schnellem KostĂŒmwechsel von einer Rolle in die nĂ€chste. In Zeiten arabischer Revolutionen, Occupy-Bewegung und Demonstrationen in EU-Staaten ist der freien Gruppe Costa Compagnie ein aktueller Beitrag von inhaltlicher und kĂŒnstlerischer Brisanz gelungen.Â
Körber Studio Junge Regie 2012, 4. April 2012
DIGGERS MOST WANTED
von Angela Ălscher und der Redaktion
Wir waren fĂŒr Euch live beim Körber Studio Junge Regie 2012. Es gab schöne Momente, schrĂ€ge StĂŒcke und viele Lacher. Hier ist die Hitliste der Redaktion. Mal sehen, ob Publikum und Jury unserer Meinung sind.
Platz 1
âKohlhaas. Frei nach Kleistâ, Regie: Felix Meyer-Christian
Platz 2
âSchwarze Jungfrauen, Regie: Malte C. Lachmann
Platz 3
âNora oder ein Puppenhausâ, Regie: Julia Wissert
Körber Studio Junge Regie / textversion, 4. April 2012
Getrieben-Sein und dabei draufgehen:
Die Theaterformation âcosta compagnieâ thematisiert menschliches Aufbegehren in Kohlhaas. Frei nach Kleist.
Von Michaela Neukirch
Heinrich von Kleist postuliert AufklĂ€rungsdialektik im absolutistischen Regime. Aber befinden wir uns nicht im Jahr 2012? How does this fit? Felix Meyer-Christian antwortet nicht, indem er eine Zeitmaschine baut, um alte Strukturen zu entstauben. Er antwortet, indem er in Kleists Novelle zeitgenössische Politika so aufspĂŒrt, dass sie gewissenhaft im Hier und Jetzt den Ruf des Michael Kohlhaas nachhallen lassen. Der aufrĂŒhrerische Protagonist der Kleistâschen Novelle, den wir heute kurzerhand als WutbĂŒrger bezeichnen wĂŒrden, spricht von seiner âPflicht fĂŒr Menschen und Pferdeâ. Das klingt erst einmal irre â kann man nicht anders sagen, auch wie der groĂartig-zappelige Dennis Pörtner diese Worte herausknallt. Die Vielzahl klug verwobener Theaterelemente â BĂŒhne, Licht, KostĂŒme, Sounds, Performance â sorgen aber dafĂŒr, dass der Zuschauer mit prĂ€zisem Feinsinn fĂŒr Bildsprache rational berauscht wird. Und die wahnwitzigen Verstrickungen der Obrigkeit als andere, konspirative Seite zu betrachten beginnt, in der das Einzelschicksal hervorschaut und gleichzeitig untergeht.
âWoher weiĂt du, dass man dich nicht schĂŒtzen wird?â, fragt Kohlhaas geliebte Ehefrau Lisbet. Im nĂ€chsten Moment liegt sie bereits tot am Boden und der zuvor naiv-optimistische Kohlhaas verliert in seiner EmotionalitĂ€t vollends den Glauben an die Gerechtigkeit. Die Figur des Martin Luther (Sebastian Klein) taucht auf und ĂŒberzeugt als pseudo-weiser, selbstironischer Ratgeber (âUnrecht mit Unrecht zu vergelten, das gibt noch lange kein Rechtâ) der einen nackten, strampelnden Racheengel auf die Erde zurĂŒckholt, und dabei mild âAch, Michaelâ stöhnt. Die komischen Szenen sind mit die stĂ€rksten des StĂŒcks, da sie auf bitteren Sarkasmus verzichten. Derartig gelingt es eine angenehme Distanz zu Kleists Epoche und Weltanschauung finden, ohne sie sprachlich zu verlieren. So rieselt es Möhren- statt Maschinengewehrsalven als lĂ€cherliche Juristen-Figuren Kohlhaasâ Urteil sprechen. Dass diese halb ausgespuckt, zerkaut, fast erbrochen wieder auf dem Teller landen, stört niemanden. Es wird weitergefuttert.
FĂŒr die spannend-verstörende Frage âWann lĂ€uft der Einzelne Amok?â findet Felix Meyer-Christian Umsetzungsformen, die in ihrer sorgfĂ€ltigen Ausarbeitung und nachhaltigen VielfĂ€ltigkeit ĂŒberzeugen.Â
Produktion: HUNDEGRAB
Theater OsnabrĂŒck
Neue OsnabrĂŒcker Zeitung, 03.09.2011
Spieltriebe-Programm, Route 2: Intensiv, rasend, schnell
von Anne Reinert
Auf heftige GefĂŒhlswechsel dĂŒrfen sich Zuschauer der roten Limberg-Route einstellen. Im Naafi-Supermarkt begrĂŒĂt Schauspieler Dennis Pörtner sie mit âOdysseeâ-Zitaten und fĂŒhrt sie in die deutschsprachige ErstauffĂŒhrung von âHundegrabâ , einem StĂŒck, das die Italienerin Letizia Russo vor zehn Jahren geschrieben hat. Der Krieg hört hier nicht auf. Nicht jenseits der Front und nicht nach seinem Ende.
Regisseur Felix Meyer-Christian verschafft ein intensives Theatererlebnis. Das ist auch den ĂŒberzeugenden Schauspielern zu verdanken, die sich die Kleider vom Leib reiĂen, mit Schlamm beschmieren und in GefĂŒhle hineinsteigern. Doch das Suhlen im Schmutz befreit nicht von SchuldgefĂŒhlen, Trauer und Wut. Am Ende bleiben eine zerstörte Kulisse und die Frage, wer den Krieg begonnen hat. Etwa âdu und ichâ, wie Luther seine Frau MĂĄnia fragt. Das alles ist zum Weinen traurig und doch beglĂŒckend, weil dieses StĂŒck so gelungen ist. (…)Â
Produktion: DAS ERBEBEN IN CHILI ODER DIE STUTTHOF-HĂFTLINGE
Deutsches Schauspielhaus Hamburg / Malersaal
Hamburger Abendblatt, 04. Juli 2011
Kaltstart-Festival von starkem “Erdbeben in Chili” erschĂŒttert
von Klaus Witzeling
HAMBURG. Der glĂŒckliche Zufall spielt in der Literatur, im Leben, im Theater oft den Dramaturgen. Beim Abschluss des Kaltstart-Festivals entschĂ€digte die Costa-Compagnie mit Felix Meyer-Christians literarisch-dokumentarischer Performance “Das Erdbeben in Chili oder Die Stutthof-HĂ€ftlinge” voll fĂŒr die EnttĂ€uschung ĂŒber die ausgefallene Finale-Werkstatt-Nacht.
Der gewagte Versuch, die Katastrophen und glĂŒcklichen ZufĂ€lle von 1645 in Kleists “Erdbeben”-Novelle in dem tatsĂ€chlichen Exodus der KZ-HĂ€ftlinge von Stutthof nach Neustadt von 1945 zu spiegeln, ging ĂŒberraschend gut auf. Kein glĂŒcklicher Zufall. Denn die Grausamkeiten in Kleists ErzĂ€hlung wie in den Zeitzeugen-Erinnerungen sind fĂŒr uns heute Ă€hnlich unbegreiflich und ergaben hier ein klug montiertes, verstörendes Bild ĂŒber die Entmenschlichung des Menschen durch Ideologie-Systeme, sei es im Dienst der Kirche oder eines Terrorregimes.
Von Beginn an betonten Regisseur und Spieler in der Performance den Kunstvorgang. Von einem Museumshocker blickte Urte Clasing auf die BĂŒhneninstallation aus LebensbĂ€umen und leblosen Körpern. Die Zeitzeugin – sie ĂŒberlebte als ElfjĂ€hrige den SS-Angriff auf die FlĂŒchtlingsschiffe in der LĂŒbecker Bucht – gab den Toten ihre Stimme. Den fĂŒnf jungen Schauspielern gelang die heikle Balance, die Schreckensszenen emotional zu vermitteln und doch geziemende Distanz zu bewahren. In einer Art Zustand des “seelischen Stillstands”, wie Clasing im Schlusswort sagte. Bewegend, ohne Pathos, fallen Fakten und Fiktion in diesem Requiem mit Gesang ineinander. Ein starker Finale-Schlusspunkt.(-itz)Â
Produktion: MOTORTOWN ODER HEIMKEHR
Theaterakademie Hamburg & OUTNOW-Festival Schwankhalle Bremen
www.nachtkritik.de, 12. Juli 2010
Hauptsache exotisch!
von Johannes Schneider
(…) Irakheimkehrer Dannys Bezugspersonen: Es scheint da nur bedingt zynisch, von Felix Meyer-Christians Bearbeitung von Simon Stephens’ KriegsstĂŒck “Motortown”, das im Anschluss auf der HauptbĂŒhne gezeigt wird, beinahe als Erholung zu sprechen. Ganz reduziert lĂ€sst Meyer-Christian seine Protagonisten auf einer schmalen BĂŒhne vor einem schwarzen Vorhang agieren. AnnĂ€hernd plakativ tritt dabei hervor, wie Irak-Heimkehrer Danny (Dennis Pörtner) verloren ist zwischen denen, die einmal seine Bezugspersonen waren, und die ihn nun, wie er von einem zum anderen geht, abwechselnd spĂŒren lassen (mehr oder weniger bewusst), wie wenig sie noch mit ihm, dem schwerst Traumatisierten, anzufangen wissen.
Als Danny, der clownesk zu MilitĂ€rmusik einmarschiert und spĂ€ter immer wieder sein Heil in Monologen suchen wird (die der Regisseur aus Briefen englischer Irakkrieg-Soldaten klug in die StĂŒckvorlage eingefĂŒgt hat), am Ende in seiner Verzweiflung BĂŒhnenaufbau und Vorhang niederreiĂt und dahinter doch nur ein gröĂeres GefĂ€ngnis vorfindet, ist das in seiner Klarheit ein so unsagbar starker Moment, wie er nur aus planvoller Reduktion resultieren kann.Â
Produktion: FAUST II – ENDE
Theaterakademie Hamburg & Maxim Gorki Theater Festival der Kunsthochschulen, Kaltstart-Festival Hamburg, Körber Studio Junge Regie / textversion, körber studio thalia in der gauĂstrasse
20. MĂ€rz 2010
Faust-Kerne
Die zwei Faust-Inszenierungen der Late Nights machen die Spannung zwischen Metaebene und Körper zum Erlebnis
von Jan Berning
Im zweiten Teil der Late Night, der Inszenierung des fĂŒnften Aktes aus dem Faust II von Felix Meyer-Christian, wird eine alte ErzĂ€hlerin (Urte Clasing) von den Figuren ihrer ErzĂ€hlung aus ihrem Stuhl vertrieben, dunklen Typen in AnzĂŒgen und Kapuzen-Sweatern. Ein verzerrter Bass erobert die BĂŒhne, daneben schleudert sich der Körper des TĂ€nzers Jascha ViehstĂ€dt wie in KrĂ€mpfen durch die Luft und gegen die Wand, sich faustisch verausgabend, rhythmisiert durch den Text, der ĂŒber dieser stĂ€ndigen körperlichen Bewegung schwebt und nur selten abbricht. Etwa, wenn Faust (Sebastian Klein) âdie Altenâ nicht ĂŒber die Lippen bringt und stattdessen âAlt68erâ, âAlternativeâ oder âAltersvorsorgeâ durch den Raum brĂŒllt, âAltglasâ, âAltbierâ, Altölâ. âSchmeiĂ sie wegâ, brĂŒllt er Mephisto (Sebastian Moske) an und zeigt auf die ErzĂ€hlerin, denn die Alten sind seinem TĂ€tigkeitszwang im Weg.
Am Ende siegt, wie man weiĂ, die LĂ€ssigkeit des Prekariats-Mephisto ĂŒber den Aktionismus-Streber: Extrem witzig und von durchtriebener Coolness, stĂ€ndig die HĂ€nde in den Taschen und sich die Lippen leckend, wie Heath Ledger in The Dark Night oder erotisch das Bein nach oben gestreckt in seinem Sprechen Anleihen nehmen, am Kulthit âTutenchamunâ der Hamburger TrashkĂŒnstler âHGich.T: â Wir klopfen an â ja? Wir pochten an â ja? Und immer ward nicht aufgetan â ja?â.
Der Mut und das Geschick, mit dem die Hamburger Studenten durch solche Zitate den Faust II ins Jetzt hieven und dabei verschiedenen SpielĂ€sthetiken und Genres zur Collage ineinander flieĂen lassen, ohne sich dabei im Weg zu stehen, macht SpaĂ und gespannt auf weitere spĂ€te NĂ€chte.Â
EXCERPTS
(switch to german for more)
Mannheimer Morgen, 11.05.2015
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.05.2015
Mannheimer Morgen, 16.02.2015
Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014
Die Welt, 19.01.2013 zu âFukushima, my loveâ
Rhein-Neckar-Zeitung, 04.10.2013
Now!Out,10.06.2013
Hamburger Abendblatt, 12.09.2012
RADIO-Interviews
(in german language)
Deutschlandradio Kultur, 12.07.2014
SĂŒdwestrundfunk
Deutschlandradio Kultur, 20.01.2013
Deutschlandradio Kultur, 30.03.2012
PRINTMEDIA
(switch to german for more)
CONVERSION / AFTERÂ AFGHANISTAN
CONVERSION
FUKUSHIMA, MY LOVE
HEART OF DARKNESS
ARCHE.ZONE – CHERKIZOV REVISITED
KHARKIV CALLINGâš
November 2023
These are sensitive, precise depictions of a life in an everyday state of emergency. (…) The women speak directly and at the same time these quiet films lasting several minutes leave room for a sense of ambivalence.
Elena Philipp, 10.11.2023, Berliner Morgenpost
The young actress Anna Mrachkovska (…) tells of her remorse at having left the country, of her mother, who insulted her as a “traitor” when she left. Mrachkovska provides a very delicate, fragile and sometimes contradictory framing of the (video) interviews. But it is precisely this fragility that is a strength. It creates closeness and opens up a view of the consequences of war beyond the headlines, grand narratives and shock-inducing images.
Tom Mustroph, 14.11.2023, TAZ
A story of flight and at the same time a story of emancipation, because she went into exile against her parents’ wishes in order to live here with her female partner. (…) Despite its rough form, this work also opens up at least an idea of the different life choices that can be made during war – and thus enables a further encounter with the “other”. …a powerful topic, … and interesting video material.”
Sophie Diesselhorst, 10.11.2023, Nachtkritik
INDEPENDENCE
January 2023
By playing out independence on three levels, the personal, the political and the symbolic on the theater stage, the film develops a tremendous pull and thus appears effortless and immediate.
âšJury statement, Best Documentary in the Film Critics’ Award, Filmfestival Max OphĂŒls Preis 2023
The award for Best Music in a Documentary goes to a film that convinced and inspired us in its entirety. The music and sound make an extraordinary contribution to the poetry and radiance of this all-round strong work, which fills an inherently abstract subject with life and emotion: In INDEPENDENCE, director and author Felix Meyer-Christian and composer Marcus Thomas bring us close to the psychological and physical force of questions of identity and independence.
âšJury statement, Best Music in a Documentary Film, Filmfestival Max OphĂŒls Preis 2023
This tour de force could easily have failed, but the thoughtful selection of locations and interviewees as well as Helen Wendt’s clever thoughts and questions from off-screen create a mosaic that is both multi-layered and illuminating, an entertaining cinematic essay. Tagesspiegel Berlin, Kaspar Heinrich, 29.01.2023
Independence by Felix Meyer-Christian is an all-round success. In his multimedia project, he sets out in search of a definition of this often-used but never clearly defined term.
Black Box – Filmpolitischer Informationsdienst, March 2023
APPETITE
February 2022
The extent to which we have all surrendered to industrial agriculture is the subject of the (Costa Compagnie at the) Dresdner BĂŒrgerbĂŒhne. In their research performance they do without any pedagogical index finger. (…) But one does not want to reduce this non-polemical work to documentary. It is too sensual and atmospheric for that.
Nachtkritik, 25.02.2022
âEmpire of Oilâ is one of the most interesting independent-scene-productions of the recent past, both in its success and in its failure.
TAGESSPIEGEL, Berlin, 26 May 2018
An aesthetically convincing contribution to the collective memory of history around the global realm of oil and its economic and ecological consequences. (…) The bilateral nature of man and nature can not be better represented.
DER FREITAG, online 31 May 2018
These are impressive images that encase you with “The Underground Frontier” at the Ballhaus Ost: footage from the air over Arctic waters or between people on a street in Mosul, Iraq. In addition, long-lasting, dark sounds sound, which draw you even more into the environment. Sometimes this immersive stage action seems threatening, then again mystical, even magical.
TAZ, February 2018
“The statements of about two dozen people are embedded in opulent 360-degree films, which can be seen in a round horizon in Ballhaus Ost. The films, some drone shots, some taken statically, show derricks in Arctic waters and in war-torn Northern Iraq.”
ZITTY Berlin, November 2017
“The next piece (FASCION) is about the increasing fascistization of the political climate. Trump, AfD and Co. Again the Costa Compagnie will research, stay close to the material and at the same time search for a new choreographic form. Because our reality is far too complex to being generalized.”
BLOG â Performing Arts Festival Berlin, June 2017
“They interviewed soldiers, civilians, fans of the Taliban and emancipated women, filmed their approach by airplane on dusty lines of houses, playing children in open spaces, peaceful bread baking to cheerful oriental music or momentous electro. The result is: surprising, ambivalent, hopeful and pleading.”
THEATER HEUTE, August 2016
âThe Costa Compagnie does not try to explain the world to the audience. Instead they very effectively and powerfully document the kaleidoscope of an heterogeneous Afghan present on the way to an uncertain future by artistic means. A remarkable achievement. â
âCritics of the conventional image of women in Afghanistan come to speak as well as advocates of the Taliban and the Sharia, soldiers of the ISAF troops as well as Afghan civilians. In passionate dance sequences one suspects traumatic experiences. â
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.05.2015
âDuring âTraces of Afghanistanâ, narration, film, sound, interviews and dance sum up to differentiated, multi-perspective performance-mosaic formed out of an analysis of our contemporary times and a mutual perception, which lets one exitedly expect the final presentation on the 8th of May.â
âOne of the most extraordinary theater performancees of the past years.â
Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014
âThis performance enlightens the shadows it casts ahead.â
Die Welt, 19.01.2013 zu âFukushima, my loveâ
The radiation ultimately still remains unbelievable and devastatingly invisible in this two-hour show. But the archaeological approach to the glowing core of the disaster performed by the guests  from Hamburg provided a very considerable awareness about the fatal consequences. â
Rhein-Neckar-Zeitung, 04.10.2013
âFukushima, my loveâ artistically transports knowledge, a sense and a grasp of Fukushima und and the Japanese culure.
âFelix Meyer-Christian constructs â with mental sharpness and artistically defying logical definition â an artistic rapid in the consumer-friendly and sluggishly streaming mainstream of contemporary theatre.â
Hamburger Abendblatt, 12.09.2012
RADIO-Interviews
Deutschlandradio Kultur
Rang 1 â Theatermagazin
21. August 2021
“The Military Failure in Afghanistan was Foreseeable”.
The artist collective “Costa Compagnie” interviewed people in Afghanistan in 2014. This resulted in a play that will be performed again in October – with a current reference. The director of the company is not surprised by the Taliban takeover.
Deutschlandradio Kultur
Kompressor vom 02.05.2018
Art project at the re:publica18 – What defines the oil industry
Deutschlandradio Kultur
Rang 1 â Theatermagazin
12.07.2014
About CONVERSION_1 – A German-American Chogeography
http://www.deutschlandradiokultur.de/theater-intendanzen-ueberall-neustarts.2159.de.html?dram:article_id=291495Â
SĂŒdwestrundfunk
SWR2 am Morgen
About CONVERSION_1: Archaeology of the present
http://swrmediathek.de/suche.htm?econt=conversiÂ
Deutschlandradio Kultur
Radiofeuilleton â BĂŒhne
20.01.2013
About FUKUSHIMA, MY LOVE
http://www.youtube.com/watch?v=aAvBUAb-EoQÂ
Deutschlandradio Kultur
Radiofeuilleton â BĂŒhne
30.03.2012
Zu Kohlhaas. Frei nach Kleist.:
http://journalismus-mhmk.de/digger/koerber-studio-abendessen-felix-meyer-christian/Â
PRINT-MEDIEN
Production: EMPIRE OF OIL / Part 1 -3
DER TAGESPSIEGEL
“Empire of Oil” at Ballhaus Ost
A VERY SPECIAL LIQUID
Some deep drilling at the theater: With the trilogy “Empire of Oil” the performance collective Costa Compagnie is dedicated to the most coveted resource in the world at Ballhaus Ost.
By Patrick Wildermann, 26.05.2018
It was in the days of the second Gulf War in the early 1990s when one could see many young people at demonstrations with banners calling out the slogan “No blood for oil!”. Where the black gold flows, so the dictum, it is not about military goals. But only for the money. The performance collective Costa Compagnie comes to a similar conclusion in its trilogy “Empire of Oil” – with the difference that the group is pursuing a more complex path to investigate the network of drilling and war zones, of economy and ecology.
Based in Hamburg and Berlin, the collective has traveled to Norway and Iraq to speak with people whose lives are marked in very different ways by the global traces of oil. Since November last year, the artists around director Felix Meyer-Christian have already developed a film and an essayistic performance from the material obtained. With the third part, a choreography under the title “An Infinite Ending”, the company now finds its conclusion in Ballhaus Ost. On the occasion of the final premiere, the trilogy can be experienced once more in its entirety.
Pleasing, because “Empire of Oil” is one of the most interesting independent-scene productions of the recent past, both in success and in failure. Especially the first part, “A Research in 360°”, displays a remarkable panorama. The documentary is projected onto a screen that surrounds the audience. The inspiration was the round horizon of 1881 by Hendrik Willem Mesdag, a painting that still allows the 360 degree experience of the beach and the North Sea in The Hague. The diversity of perspectives on which the Costa Company is aiming is thus already certified technically. In addition on the second floor, you can visit an 11-minute full-immersive-experience via virtual reality glasses. You descend the endless ladder onto an oil production platform, stand next to patrolling soldiers on a dusty road in Mosul, you look out over rugged landscapes in a region we call the Middle East.
“A Research in 360°” seeks the greatest possible contrast of the regions. In Norway, where, at the end of the 60s, the oil miracle began that still secures the welfare state through a fund system, the Costa artists are meeting, among others, the offshore manager of a major oil company. An Iraqi geologist, who on behalf of the state contributed his mining expertise in the far North. As well as a Greenpeace activist, who analyzes that “behind most social conflicts an ecological reason” hides, and which also – moderately regrettable – embodies the soulful side of environmental protection, because she for example tears at the sight of seabirds next to drilling platforms.
In Iraq, on the other hand, the artists, and with them the viewers, immediately land in the area of tension between the conflicts around US interests, crimes committed against the Kurdish population, as well as the actions of ISIS. “In Kirkuk,” it once says, “it smells like oil.” And where the complex of claims to power takes on such existential dimensions, questions about climate change or the ravages of drilling in the Arctic are of little relevance.
The second part – the performance “The Underground Frontier” – tries to expand the topic into postcolonial spheres, to questions like: who owns the land, who owns the underground, who owns the resources? The performers Maria Walser and Julia B. LaperriĂšre are negotiating against each other in images from Norway and Iraq flowing into each other, where, unlike in the film, the systemic connection between the two countries remains rather contoured. Of course, globalization lets everything circulate, not just the oil. One wonders a bit what a documentary specialist like Hans-Werner Kroesinger would have distilled from findings. Nonetheless, this part also has its light moments – such as when a sheikh from Mosul is quoted, who in the face of the first oil boom is said to have moaned in wise foresight: “I wish we had found water.”
The dance part “An Infinite Ending” finally remains nebulous in the truest sense. Lea Martini and Julia B. LaperriĂšre create some strong moments of exhaustion in the artificially foggy Ballhaus Ost, struggling and being trapped in a recurring cycle – but without the context of the trilogy those actions might ultimately fizzle out in perplexity. And yet, “Empire of Oil” has a clear message: to question one’s own consumer behavior and, therefore, one’s own dependence on the world’s most desirable resource.
TAZ, 03.02.2018
FOR THE EXTRACTION OF PROFIT
Performative questions about a commodity that keeps the world going – and also brings it into turmoil. The Costa Company in Ballhaus Ost with “The Underground Frontier”, the second part of “Empire of Oil”
By Julika Bickel
On socks you step through the curtain, sit on the purple carpet or one of the pillows. The curtain forms an oval-shaped space and at the same time serves as a canvas.
You are on a ship. Around you, you can see the expanse of the sea and the spray that leaves the moving ship as a tail in the water. Three performers join in, they give a talk about the “Underground Frontier”. They want to know where the oil comes from. They ask: Who owns what lies beneath our feet? Who owns the treasures? Drone images of drilling rigs look like stranded spaceships. The shots are dipped in color, alienated, sometimes they are pink, then yellow, then green. The next moment you are in a city of ruins. There are ruins of houses around one. There appears a fire coming from a gas torch on an oil field.
The performance premiered Thursday at Ballhaus Ost: “The Underground Frontier”. The play is the second part of “Empire of Oil”, a four-part research project of the Costa Company.
For research, Felix Meyer-Christian, the founder of this interdisciplinary group, traveled to Norway and northern Iraq, filmed with a 360-degree camera and talked to the local people.
Oil and related climate change are currently the biggest challenge facing humanity, says the theater maker. “There is nothing else that will affect life on the planet as crucially as the changes that are now happening and that will soon become stronger.”
These are impressive images that encase you with “The Underground Frontier” at the Ballhaus Ost: footage from the air over Arctic waters or between people on a street in Mosul, Iraq. In addition, long-lasting, dark sounds sound, which draw you even more into the environment. Sometimes this immersive stage action seems threatening, then again mystical, even magical.
The separation between stage and audience is completely dissolved. The three performers walk between the seated spectators while they deliver their lecture in German and English. Her performance has something comical about it, because it seems so intentionally rehearsed: the memorized text, the rehearsed drama, the polite smile, how the microphone after a small dance performance lies coincidentally in the right place.
In between are abstract and protracted streams of thought from the off in indirect speech that one can not always follow. But the passages also illustrate the complexity of the interrelations. “The topic is so incredibly intangible,” says Meyer-Christian. “Our indifference to climate change is based on our failure to see where the oil comes from and where it goes.”
With concrete scenarios and people he wants to make the topic visible in his performance. The all-round shots allow greater autonomy of the gaze. You can look around, the distance is reduced.
After a 360-degree video essay (which premiered at Ballhaus Ost last November) and this second, text-based part of the research project, a dance performance dedicated to the subject on a purely physical level will be presented in May, as well as an online Virtual Reality film will follow. This is how the film footage and the documented performances can be experienced by people all over the world.
Norway and Northern Iraq are two regions with large oil resources – one has brought prosperity and peace to the welfare state, the other war and flight. In Mosul and Kirkuk, Meyer-Christian was in September 2017 at the time of the Kurdish referendum, which was strongly linked to hopes of oil profits.
On site, he interviewed oil drillers, managers, politicians, journalists and Greenpeace activists. The interviewees appear large on the curtain in the performance and silently look at one another while the performers quote them in indirect speech.
The statements are repeated as a song by a performer. He plays keyboards and sings through a microphone that electronically distorts his voice: “They are looking at you / killer whales, killer whales / what is this?” And “You can like or dislike oil and gas / you become a prostitute / you do what you do for the money. “
Norway is the most important oil and gas supplier in Germany after Russia. For Meyer-Christian, the Scandinavian country is the epitome of the Western, hypocritical way of life. Even the country relies heavily on renewable energy, but makes a lot of profit by selling oil abroad.
How strong our consumption behavior with the climate change, he was not aware of the research. “There is not one person in charge,” says Meyer-Christian. “We are all causers and future sufferers at the same time.”
At the end of the performance everyone should lie down with their eyes closed. It’s an experiment, so the three speakers. They send you on an emotional journey of thought. Together with a close person one should go on the run. And everything is under water.
ZITTY, 22 November 2017
Intermedial performance
CURSE AND BLESSING
In the “Empire of Oil” at Ballhaus Ost, the interdisciplinary Costa Company explores in an innovative way how societies are poisoned by oil – and how it could at least be dosed
Text: Tom Mustroph
Sea and desert are not just large areas where people are reluctant. In some seabed, under some desert sand is also the black gold – a curse and blessing at the same time.
On the oil-rich coast off Norway and on the equally oil-rich sand of northern Iraq, the Costa Company has gone to investigate on site how the raw material shapes the local population. She questioned oil drills and managers from Scandinavia, was in the office of Kurdish politicians whose independence efforts are closely related to the hoped-for profits from the oil business. These and other interviews are now part of the immersive performance “Empire of Oil – A Research in 360 °”.
A poetess and a critical journalist from Northern Iraq were also interviewed, and Greenpeace activist Sini Saarela, who has since become a heroine, was one of the “Arctic 30” caged by Russia for a while. The statements of about two dozen people are embedded in opulent 360-degree films, which can be seen in a round horizon in Ballhaus Ost. The films, some drone shots, some taken statically, show derricks in Arctic waters and in the war-torn northern Iraq.
A key figure is the Iraqi geologist Farouk Al Kasim. He came to Norway in the 1960s, looking for medical care for his sick son. At that time, Norway began to develop its oil fields. Al Kasim warned against the mistakes of his homeland: The Iraqi elite had squandered concessions to British and US companies in the intoxication of quick money and put the profits that did not go out of the country, usually in their own pockets. Norway’s oil sovereign wealth fund, which brings considerable wealth to the entire country, is also credited with Al Kasim’s warnings.
However, Felix Meyer-Christian, filmmaker and director of the Costa Compagnie, also found in the example country Norway some walls of silence; especially when he asked about the global consequences of the beautiful oil business of Scandinavians: climate change, environmental damage and destruction. Therefore, “Empire of Oil” also asks why many industries are still based on oil, and who deserves it, even though technologically an energy transition would have been possible for a long time.
Two performers interact with the audience live on film, but the project is divided into several parts. In further phases, the Costa Compagnie wants to expand the 360-degree film installation by a text-based performance (Premiere 1 February) and later a dance performance (Premiere 23 May).
All of this should also be documented with a 360-degree camera and finally a fully immersive virtual reality environment will emerge from the entire material. “We want to find out what VR technology can mean for the theater,” says Meyer-Christian. On the 23rd of November the starting signal for the technology experiment in the documentary theater context will be given in the Ballhaus Ost.
Production: CONVERSION_2 / AFTERÂ AFGHANISTAN
Fonds Doppelpass // Kulturstiftung des Bundes // Theater und Orchester Heidelberg
Mannheimer Morgen, 11.05.2015
http://www.morgenweb.de/nachrichten/kultur/regionale-kultur/wirkungsmachtiges-kaleidoskop-der-widerspruche-1.2238544
Performance:Â With âConversion_2 / After Afghanistan.â the Theater Heidelberg presents a remarkable theatrical experience.
POWERFUL KALEIDOSCOPE OF CONTRADICTIONS
By Martin Vögele
At one moment, the actor Hauke Heuman reflects the writing of an unknown author: âShe wrote, the challenging part in a place like Afghanistan would be, that the sheer abundance of complex contrariness and of mutually excluding moral situations is so overwhelming, that nothing would remain, but to abandon everything one thought before, in order to open up a new field of thinking.â
The Hamburg based costa compagnie sets foot on the traces of these contrarieties, hopes, experiences and fears of the Afghan population and interim-occupants in their performance âConversion_2. After Afghanistan.â. A dance-performance within the overall project âConversion. A German-American Chogeography.â in cooperation with the Theater and Orchestra of Heidelberg, where the piece premiered.
Shortly before the international military mission in Afghanistan âISAFâ ended in December 2014, artistic director Felix Meyer-Christian, choreograph Jascha Viehstaedt and cameraman Stefan Haehnel set out to research on-site: In the cities of Kabul and Mazar-e-Sharif and within two NATO-camps they spoke with over 30 Afghans as well as German, Dutch and American soldiers and collected video- and audio recordings all around. Documentary and essayistic texts, video-tableaus, dance and sound composition now merge within CONVERSION_2 into a theatrical reflection of this trip. The many-voiced texts are mostly brought forward by the performers (Hauke Heumann, Hans Fleischmann, Florian Mania, Nanette Waidmann) and sometimes directly delivered from the videos.
No easy way
But also the dance is multi-formed: Frank Koenen, Akemi Nagao, Jascha ViehstĂ€dt and Maria Walser change between impulsive shows of strength, subtle physical seclusion, rhythmic-eruptive chaos and a harmony searching synchronicity. One of the strongest moments might also be the most disturbing one: The dancers perform a boygroup-choreography while the theaterâs childrenâs choir (which also took part in the earlier performance installation around the theater) sings âColors of the Windâ alongside the actors, a song which was written for Disneyâs âPocahontasâ.
âConversion_2â does not choose an easy path â not for the group nor for the audience, as the spectator is confronted with a surge of opinions and images (at the end of part 1 a gigantic, inflated plastic tube overgrows the entire stage). Meanwhile the costa compagnie does not try to explain the world to the audience. Instead, they very effectively and powerfully document the kaleidoscope of an heterogeneous Afghan present on the way to an uncertain future by artistic means. A remarkable achievement.
May 9, 2015
SWR 2 / Southwest German Radio:
JOURNAL AT NOON
By Anne Lennartz
Radio moderator: One year ago, the costa compagnie, a free-lancing company from Hamburg, developed a piece out of the drawdown of the American Forces from Heidelberg. The performance by the name of âConversion_1â took place in an emptied gymnasium of an US-Army-installation â a multimedia-based, theatrical commemoration on the times with the Americans. Now the international forces are leaving Afghanistan and the costa compagnie is again part of the process, out of which they created âConversion_2â. Last night the premiere took place and Anne Lennartz was there to report:
What traces, what memories do the international troops, the strangers, leave behind in Afghanistan? costa-director Felix Meyer-Christian was on-site last year, together with a choreographer and a cameraman, shortly before the drawdown. A very intensive reporting-theater has been created out of that research, much more interesting and also more critical than its predecessor âConversion_1â, which dealt with the drawdown of the Americans from Heidelberg. The freelancing theater-makers interviewed over 40 persons, German soldiers, police advisers, Americans and many Afghans: women, men, driver, students, artists. They appear in little video clips but are also performed by the actors on stage.
âI am here as an officer of the reserve. I am not forced to come here. I am here voluntarily, each and every time. Because I am fascinated by the country, by my work and by the diversion.â (from the piece, German soldier).
An American on the other side keeps repeating âI regret, I regret. I wish I could be with my family.â Another German cannot forget the images in his head of children which where blown up by a detonation. And the Afghans look back in history. How often this country has been occupied? âAnd now again, we are victims of the countryâs geopolitical location!â, says one Afghan woman.
âThe geopolitical location is decisive, for the Europeans and the Americans. China, Iran, Russia. And in the middle, there is Afghanistan.â (extract from the piece, Afghan civilian) Sounds from Kabul are brought in and the dancers kick colorful balloons across the stage, exactly those which are sold in the streets of Kabul. âWhat is happening in Afghanistan? The Western soldiers have killed many, many people. Where is the difference between them and the terrorists? They make it unofficial and you make it official. I can say, that Americans, they make extremists.â (from the piece, Afghan woman)
Originally the international troops came to liberate the women â but did they succeed? One Afghan woman says, that only one newly founded girlsâ school would have been enough, to justify the mission. But right after, someone else is contradicting that opinion. The strength of this performance is that it shows the disrupted condition of the country and at the same time integrates the causes and its historic development.
Did the mission make sense? The answer is not given by the voices or the text, but very persuasively by the installative stage design. Right in the moment, when soldiers are referred to as barricading themselves within their camps, large plastic tubes enroll upon the stage. They become sturdy, thick pipes, layer atop and next to each other, take more and more space, fill in the complete large stage and recall to a military stronghold. â But what happens at the end, what happens after the drawdown? Well, air simply deflates. A pile of plastic remains. Nothing else. Above it, a drone is now circling on stage. âThe Americans just work off their kill listsâ, one Afghan mentions. âConversion_2â became a very convincing documentary piece for the stage!
Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11.05.2015
http://www.rnz.de/kultur-tipps/kultur-regional_artikel,-Conversion_2-im-Heidelberger-Theater-Afghanistan-quo-vadis-_arid,96878.html
âConversion_2â at the Theater of Heidelberg
AFGHANISTAN, QUO VADIS?
Dance-Performance about the complex of problems of an oppressed country
By Arndt Krödel
âNothing is good in Afghanistan.â In 2010, this brave sentence by Margot Kaessmann stirred up a lot of criticism in the public debate, as she as was the chairman of the Protestant Church in Germany. But maybe this statement helped to question complex matters and to break free from habitual patterns. The same approach is tested by a joint production of the Hamburg based costa compagnie and the Theatre of Heidelberg, which runs under the title âConversion_2. After Afghanistanâ and which just premiered on the theaterâs big stage. The dance-performance is the second product by the collaboration of the two companies, who already have released âConversion_1â in 2014, a performance which deals with the drawdown of the US-forces from Heidelberg.
Before the international military mission in Afghanistan ended in 2014, three artists of the costa compagnie traveled to the Hindukush. They conducted interviews with the locals, but also with soldiers and asked for their experiences and feelings regarding the past and the present. A present, which has to acknowledge, that its coordinates are changing without anyone being able to tell how it is all going to end one day. With the intention to develop new forms of documentary and choreographic working, a dance-performance out of the collected material was created, as a subjectively observed snap-shot of Afghanistan.
The performance, for whose text and artistic direction Felix Meyer-Christian is responsible, therefore does not seek to â and cannot be â a documentation in its narrower sense. As the performance understands itself as âinterdisciplinaryâ, it works with the artistic means of contemporary dance (choreography: Jascha ViehstĂ€dt), video on different surfaces and presents a sometimes quiet abstract sound environment of everyday-sounds, of military environments, as well as composed music. Even the âAlte Saalâ (smaller, traditional stage) and the foyers are integrated, with installations and appearances of the childrenâs choir singing âIm FrĂŒh taut zu Bergeâ.
On stage, actors take the parts of the interview partners and present themselves as messengers of an unknown world that displays itself as multi-faceted and contradicting and often as diffuse. Critics of the conventional image of women in Afghanistan come to speak as well as advocates of the Taliban and the Sharia, soldiers of the ISAF troops as well as Afghan civilians. In passionate dance sequences one senses traumatic experiences, when the performers in distressed movements appear as to be running against an invisible wall.
The performance leaves one stunned and a little overwhelmed, as during the dense construct of breathlessly changing scenes and fragments one sometimes loses orientation. Still: The sorrowful question is articulated very clearly and impressively towards the end: Afghanistan, quo vadis? The group succeeds with enthralling images and haunting situations, especially within the dance parts, for which the Hamburg-Heidelberg ensemble is to be praised. The audience appeared to be also taken with the presentation with a long and affectionate applause.
Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11.05.2015
http://www.rnz.de/kultur-tipps/kultur-regional_artikel,-Conversion_2-im-Heidelberger-Theater-Afghanistan-quo-vadis-_arid,96878.html
Production: CONVERSION_1
Fonds Doppelpass // Kulturstiftung des Bundes // Theater und Orchester Heidelberg
Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11.07.2014
CONVERSION 1: AN ERA HAS ENDED AND THE THEATER BEGINS
The Costa Compagnie premiered in the former US-Hospital in Heidelberg-Rohrbach.
Von Ingeborg Salomon
Enlightening view of history in an unusual place: the Costa Compagnie explores the German-American relations at the gym of the former U.S. Hospital in Heidelberg-Rohrbach.
Gyms donât have the best image exactly: dusty, musty and often reminiscent of unloved physical exercises. The gym of the former U.S. Hospital in Heidelberg-Rohrbach is no exception. But theater-makers like to conquer unusual places, so the gym is now turned into a stage. The 200 visitors of the premiere on Wednesday night appeared to be somewhat perplex at first: no chairs were to be found and standing might have become tedious after a while. But remedy approached in the form of (more or less) stable cardboard stools that were carted in per roll container, which had the advantage of enabling the audience to wander through the hall. Sitting and watching was yesterday, today we witness performing. Simultaneously, thoughts and visitors were constantly in motion, according to the ancient Heraclitus saying: âEverything flowsâ.
With âConversion_1âł the Costa Compagnie has created a fusion of many different media. The big theme is a historical quest: How did the Americans and the citizens of Heidelberg experience each other? What memories stayed on? Text, video, music and dance merge, along with German and English. This means for the audience member that he needs to focus his or her attention, especially as different videos run concurrently on multiple mobile projection screens.
The videos were shot in Heidelberg and on a research trip to the United States. The final result â aâ Chogeography â- proceeds through geographical and historical spaces, always looking for the experienced memory, which represents the reality for the individual.
But how real is this reality in the face of historical facts? Obamaâs âYes, we canâ gets equally questioned as the now reducing American and German military presence in Afghanistan is.
Can you draw any lessons for the future from the past? Or does history never repeat itself anyway? The Costa Compagnie asks these questions very clearly and shows in many sequences, that âtheâ historical reality or a documented truth do not exist. One witness accounts that Condoleeza Rice expected the people of Iraq to welcome American troops as liberators, as the Germans had done in 1945. She was mistaken, as we know today.
The artistic director Felix Meyer-Christian impressively sets the members of the Costa Compagnie into scene. Especially the dance scenes give evidence of great professionalism. And most of the spectators followed the movement instructions quiet willingly: They lay down obediently on the rather cold gymnasium floor to gaze up at drone videos of the American landscape on the ceiling and they streamed into a small cube installed out of white curtains without any protest. A reminder of Abu Ghuraib? Or maybe not? After 110 entertaining minutes the visitors gave a warm applause. In 2015 âConversion_2â will follow.
Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014
http://www.rnz.de/heidelberg/00_20140616060000_110696358-Konversionsgeschichte-im-Gehen-Passt-gut-auf-d.html#ad-image-1
Listen to the History of Conversion while walking: âKeep a good eye on it!!
Via an audiowalk through on the grounds of the old Health Care Centre the audience listened to American memories.
By Steffen Blatt
This was one of the most extraordinary theatre productions within the last few years. On behalf of the Theater und Orchester Heidelberg the âcosta compagnieâ from Hamburg produced a sort of audio play, which guided the audience through the area of the former Health Care Centre of the United States Army in Rohrbach.
On the 15th of November 2013, the crowd of people was enormous, as the grounds of the old Health Care Centre in Rohrbach opened up its gates to the public for the first time since the draw-down of the US-Army. A guided tour and the presentation of many facts took place on that day. This weekend, the citizens of Heidelberg were now able to experience the area in a completely different way: through an audiowalk, on which the people, who were originally stationed there, were telling their stories.
The âcosta compagnieâ, an artistsâ collective from Hamburg, focuses in cooperation with the Theater and Orchester of Heidelberg on the topic of the conversion, i.e. the re-use of the former U.S. installations in the city. The members spoke with soldiers who were formerly stationed in Heidelberg and with their families, with high-ranking military personnel, scientists, political activists, military chaplains. In order to do so they travelled all the way to the United States. The interviewees talked about their lives during their time in the U.S. military, about encounters with the other culture, about skepticism and convergence. The research results will be incorporated into a large performance that will take place in the gymnasium on the former US-Hospital and will premiere under the title âConversion_1â. Katharina Kellermann, the audio artist of the âcosta compagnieâ, also designed an audio tour in which visitors could explore the area this weekend. They were listening to the original documents, music and sounds â a kind of radio play while walking.
The audiowalk starts at the former Checkpoint at the entrance of the site. Everyone gets a map on which the route is drawn, an MP3 player and a pair of headphones. After pressing âStartâ one hears a kind of heartbeat. Then the voices of Americans start talking about the church on the right side of the entrance where Catholics, Protestants and Jews held their services. About the gym, where the children had gymnastic classes and where a daughter was picked up from training. About the old office where a father was working. Some still remember everything and others only remember parts. English and German speakers connect the various collage-like statements, while sound effects create a dense atmosphere: a plane taking off, church bells, the siren of an ambulance, a basketball that is bouncing on the gym floor. When it comes to protests of American soldiers against the Vietnam War, the âI-Feel-Like-Iâm-Fixinâ-To-Die-Ragâ by Country Joe McDonald, a cynical commentary of the Woodstock generation, tunes in, which the GIs also listened to in Heidelberg.
And again and again one listens to the heartbeat like pulse which is guiding the listener through the tour. You hear are steps on dirty asphalt and wonder if they are your own. One effect the âcosta compagnieâ can not have planned on with certainty: The wind that sweeps across the hospital grounds, is passing on the headphones and produces this typical noise that symbolizes the loneliness in Western movies â extremely suitable to the abandoned U.S. Army base.
The statements become more political: One voice tells about the transformation from the American occupiers to the protectors of Germay and the U.S. military in Germany as an outpost against the Soviet Union. âAnd since 1990, the U.S. military remained here just because it is closer to the Middle East.â Sounds as simple as it can be sometimes.
After nearly 21 minutes, silence occurs in the headphones and the participants are faced with an open grass field and look upon four large loudspeakers that are placed in the high grass of the helipad. Now the question of a possible memorial is asked for, a memorial that could sum up the American presence in Heidelberg. What should it look like, where should it be located on the site? The answers are highly differentiated. A monument should stimulate thoughts, and has to deal with history and different cultures at the same time. âOnly this can prevent future devastation!â says one. Another mentions that it would be sufficient to just keep one or two buildings. Finally one interview partner asks for a favor of the Heidelberg citizens: âTake good care of the grounds. For I will come back one day and want to walk over it again.â
Production: HERZ DER FINSTERNIS
Lichthof-Theater Hamburg & Maxim Gorki Theater Berlin
Hamburger Abendblatt, 12.09.2012
Regarding the Fear of the Unknown and the Wilderness
âHeart of Darknessâ at the Lichthof Theatre is a skillfully staged trip into horror
by Klaus Witzeling
HAMBURG. A white plastic tarp covers the audienceâs seating area like a reef. The spectators stand around helplessly in front of the obstacle. They feel alienated, uncomfortable without seating in such exposure. Similar disorientation Captain Marlow probably must have felt when he arrived in the Congo in Joseph Conradâs novel âHeart of Darknessâ.
On the lead of this river travel, Felix Meyer-Christian, in his multimedia performance after Conradâs novel, increases the dose of irritation: with narrated horror scenes, grotesque dances and the final mortal ritual of ghostly lemurs. In this dramatic essay on the fear of the unknown and the overbearing rule of the colonial masters over the âsavagesâ, Meyer-Christian shows, how white, âcivilizedâ people step by step turn into the despised, mutated and annihilated âmonstersâ they so much fear.
A dozen steel plates sets the spatial limits of the performance space, put up in an installation by Eylien König. It reflects upon the impenetrable wall of the jungle, and also serves as a projection screen for Signe Koefoed atmospheric video installation. The frightening intense dancer and choreographer â inspired by African dance and the physical limit-reaching excess of Japanese Butoh dance â embodies the self and the unknown, in the confrontation with the Conrad-prose speaking actors Lisa Flachmeyer and Felix Meyer-Christian.
Although the director, who stepped in for the ill fallen actor Paul Walther, only read the text, he still decided to also perform along the other artists, so that the trip into horror could unhindered develop its maelstrom. Meyer-Christian drew a bow in this dramatic collage from the murderous doings of the white ivory traders in the past to the unscrupulous arms dealers in current conflict areas.
In the at times agonizing ritual of âexorcism of evilâ Felix Meyer-Christian does not make it easy, neither for himself nor for the audience. But in this performance without concessions he takes up a repressed, hot topic, similar to his other historical-critical researches. And he constructs â with mental sharpness and artistically defying logical definition â an artistic rapid in the consumer-friendly and sluggishly streaming mainstream of contemporary theatre. (-itz)Â
Production: ARCHE.ZONE – CHERKIZOV REVISITED
Joseph Beuys-Theater & Sakharov-Centre Moscow, Russia
The Moscow Times, 27 February 2012
Theater Plus / Drama Critic John Freedman about Culture and Art in Russia
Breaking Down the Barriers of Theater
By John Freedman
(…) Next up was “Cherkisov Revisited,” a performance-installation, if I may put it that way, conceived by Felix Meyer-Christian, Eylien Konig, Karolina Mazur and Alexei Kukarin. This was ostensibly an exploration of the effect that the controversial closing of the Cherkizovsky open-air market had on those who had worked there, although nothing so obvious and concrete emerged from the performance we witnessed. It included documentary texts drawn from interviews with a former market worker, and excepts from the writings of Chingiz Aitmatov.
The audience wandered about the stage, stopping to peruse a sculptural ensemble of pedestals in the center of the hall; to watch excerpts from Andrei Tarkovsky’s film “Stalker” on a computer in one corner; to watch videos of the old Cherkizovsky market projected on the floor in another corner; to listen to a women reading text in Polish as a Russian interpreter provided simultaneous translation; and to observe an oversized polyethylene bag as it came to life and crawled across the floor.
There was no center of attention and, during a discussion afterwards, director Meyer-Christian admitted he was surprised and even a little disappointed that some elements of his work were basically ignored by spectators. Much was made of the odd figure of the sack making its way across the floor. Some were surprised that no one bothered to open the bag and look inside â clearly there was a person in there, perhaps someone who needed to be liberated. Others pointed out that some spectators stood in the way of the bag and hindered its forward movement. Was this an act of curiosity, indifference or hostility? (…)Â