CONVERSION / EINE DEUTSCH-AMERIKANISCHE CHOGEOGRAPHIE
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Trailer

Zusammenfassung

»Heidelberg certainly had a substantial strategic importance to the US Army and to NATO. Back in 1983 and still in 2003, because it was a very central location to contributing to the „Global War on Terror“, both in Iraq and in Afghanistan.«

»I miss that place so much!«

Im Sommer 2013 verließen die letzten US-Soldaten Heidelberg. Zur gleichen Zeit begann die Recherche der COSTA COMPAGNIE und des Theaters und Orchesters Heidelberg in der Region. Interviews mit Bürger*innen wurden geführt und Erlebnisse und Gedanken aus fast 70 Jahren gemeinsamer Geschichte zusammen getragen. Im Januar 2014 reisten daraufhin vier der Künstler*innen selbst in die USA. Auf ihrer Fahrt durch das Land sprachen sie mit zahlreichen ehemals in Heidelberg stationierten Soldaten und ihren Familien über deren Erinnerungen zwischen 1945 und 2013. Welche Spuren hinterliess die US-Armee in Heidelberg und den teilhabenden Personen? Wie beeinflusste Mensch den Raum und Raum den Menschen? Wo trifft Weltpolitik auf lokale Geschichten?

Das gesammelte Material diente darauf als Grundlage der Tanz-Performance CONVERSION_1. Aufführungsort war die Turnhalle auf dem Gelände des verlassenen US-Hospitals. Tanz, Text, Video und Ton verschmolzen hier zu einem dokumentarischem, interaktiven visuellen Essay.

„…’60 seconds‘ gehört – neben dem bereits im Juni uraufgeführten, auf Interviews basierenden visuellen Raumessay CONVERSION_1 der costa compagnie – zum Eindrücklichsten des Gesamtparcours.“
Theater der Zeit, 11/2014

„…das Endergebnis – eine „Chogeographie“ – schreitet geographische und zeitliche Räume ab, immer auf der Suche nach der erlebten Erinnerung, die für den Einzelnen die Wirklichkeit darstellt. Kann man aus der Vergangenheit überhaupt Erkenntnisse für die Zukunft ziehen? Oder wiederholt sich Geschichte ohnehin nie? Die Costa Compagnie stellt diese Fragen sehr deutlich und zeigt in vielen Sequenzen, dass es ‚die‘ historische Wirklichkeit, geschweige denn eine dokumentierte Wahrheit, nicht gibt. Der Künstlerische Leiter Felix Meyer-Christian setzt die Mitglieder der Costa Compagnie eindrucksvoll in Szene, besonders die Tanz-Szenen zeugen von großer Professionalität.“
Rhein-Neckar-Zeitung, 11.07.2014 (siehe unten)

„…Die Aufführung bietet insgesamt eine atemberaubende Mischung aus Tanz, Musik und Video.“
Feuilleton Ruprecht Heidelberger Studentenzeitung, 26.07.2014 (siehe unten)

VON UND MIT

Künstlerische Leitung, Text, Performance
Felix Meyer-Christian

Choreographie & Tanz
Paolo Amerio°, Ana Laura Lozza, Lee Meir, Jascha Viehstädt

Performance
Toni Jessen, Elena Nyffeler°

Bühnenraum
Eylien König

Audio
Katharina Kellermann

Video
Jonas Plümke

Kostüm
Paul Sebastian Garbers

Dramaturgie & Koordination°
Sonja Winkel°

Dramaturgie
Stawrula Panagiotaki

Produktionsleitung°
Marlies Kink°

Recherche in den USA
Paolo Amerio°, Felix Meyer-Christian, Elena Nyffeler°, Jonas Plümke

°Mitglieder des Theaters und Orchesters Heidelberg

TERMINE

MI | 09. Juli 2014 | 19.30 h | Premiere und Uraufführung

Außerdem am: 11., 12., 13. Juli 2014
FR | 03. Oktober 2014 | 17 h | Edited Version CONVERSION_1

Außerdem am 04. & 05. Oktober 2014

Ort: Turnhalle im ehemaligen US-Hospital

Nachrichtenkaserne Heidelberg / Rohrbach

PRESSE

Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11.07.2014
http://www.rnz.de/kulturregional/00_20140711060000_110714164-Conversion-1-Eine-Aera-ist-beendet-das-Theater.html

Conversion_1: Eine Ära ist beendet, das Theater beginnt
Die Costa Compagnie feierte Premiere im ehemaligen US-Hospital in Heidelberg-Rohrbach.

Von Ingeborg Salomon

Erhellende Geschichtsbetrachtung an ungewöhnlichem Ort: Die Costa Compagnie erforscht die deutsch-amerikanischen Beziehungen in der Turnhalle des ehemaligen US-Hospitals in Heidelberg-Rohrbach.
Turnhallen haben nicht gerade das beste Image: staubig, muffig und oft an ungeliebte Leibesübungen erinnernd. Die Turnhalle des ehemaligen US-Hospitals in Heidelberg-Rohrbach macht da keine Ausnahme. Doch Theater-Macher erobern gerne auch ungewöhnliche Orte, deshalb wird die Turnhalle jetzt bei CONVERSION_1 zur Bühne. Die rund 200 Premierenbesucher sahen sich am Mittwochabend zunächst etwas ratlos an: Stühle gab es keine und Stehen kann mühsam werden. Doch Abhilfe nahte in Form von (mehr oder weniger) stabilen Papphockern, die, per Rollcontainer angekarrt, zudem den Vorteil hatten, mit den Zuschauern durch die Halle zu wandern. Denn einfach sitzen und gucken war gestern, heute wird performed, und dabei sind neben den Besuchern auch die Gedanken ständig in Bewegung, getreu dem antiken Heraklit-Wort: „Alles fließt“.

Bei „Conversion_1“ setzt die Costa Compagnie ganz auf Verschmelzung. Das große Thema ist eine historische Spurensuche: Wie haben die Amerikaner und die Heidelberger sich gegenseitig erlebt? Welche Erinnerungen sind geblieben? Text, Bild, Musik und Tanz überlappen sich, ebenso wie die Sprachen Deutsch und Englisch. Das bedeutet für den Zuschauer, dass er seine Aufmerksamkeit irgendwie bündeln muss, zumal verschiedene Videos auf mehreren mobilen Projektionsflächen zeitgleich ablaufen.

Gedreht wurde in Heidelberg und auf einer Recherchereise in die USA, das Endergebnis – eine „Chogeographie“ – schreitet geographische und zeitliche Räume ab, immer auf der Suche nach der erlebten Erinnerung, die für den Einzelnen die Wirklichkeit darstellt. Doch wie wirklich ist diese Wirklichkeit angesichts historischer Fakten? Obamas kerniges „Yes, we can“ wird da ebenso hinterfragt wie die amerikanische und deutsche Militärpräsenz in Afghanistan, die gerade endet. Kann man aus der Vergangenheit überhaupt Erkenntnisse für die Zukunft ziehen? Oder wiederholt sich Geschichte ohnehin nie? Die Costa Compagnie aus Hamburg stellt diese Fragen sehr deutlich und zeigt in vielen Sequenzen, dass es „die“ historische Wirklichkeit, geschweige denn eine dokumentierte Wahrheit, nicht gibt.

Beispielsweise habe Condoleeza Rice erwartet, dass die Menschen im Irak die amerikanischen Soldaten als Befreier empfangen würden, wie die Deutschen es 1945 getan hatten. Sie hat sich schwer geirrt, wie wir heute wissen.

Der Künstlerische Leiter Felix Meyer-Christian setzt die Mitglieder der Costa Compagnie eindrucksvoll in Szene, besonders die Tanz-Szenen zeugen von großer Professionalität. Die meisten Zuschauer ließen sich auf die Regie-Anweisungen der Gruppe ein: Sie legten sich brav auf den ziemlich kalten Hallenboden, um amerikanische Landschaftsbilder an der Decke zu betrachten, und sie begaben sich widerspruchslos in einen aus weißen Vorhängen installierten Kubus. Abu-Ghuraib lässt grüßen? Oder doch nicht? Nach 110 kurzweiligen Minuten spendeten die Besucher herzlichen Applaus. 2015 folgt „Conversion_2“. 

Ruprecht, Feuilleton, Heidelberger Studentenzeitung, 26. Juli 2014
http://www.ruprecht.de/?p=5597

Konversion mal anders
Im vergangenen Jahr zogen die US-Truppen endgültig aus Heidelberg ab. Nun setzt sich das Stadttheater in einem Langzeitprojekt mit dieser Vergangenheit auseinander.

Von Michael Graupner

Aus den Kopfhörern ertönt ein dröhnender Bass. Langsam nimmt er den Rhythmus eines Pulsschlags an. Ein Triangelschlag erklingt. Plötzlich herrscht Stille. „Heidelberg is a beautiful place. I miss it sometimes somehow,” sagt eine ältere männliche Stimme. Der Triangelschlag erklingt erneut, der Bass setzt wieder ein. Ein kräftiger Windstoß wiegt die hochwachsenden Sträucher und Bäume gegen das verlassene Krankenhausgebäude. Es riecht nach Löwenzahn.

Die Atmosphäre ist eine ganz besondere während des Audiowalks „Bilder aus Morgen“ auf dem ehemaligen Gelände des US-Hospitals in Rohrbach. Er ist Teil eines großen Projektes des Theaters Heidelberg: Während die städtebauliche Umwandlung der ehemaligen Kasernengelände in vollem Gange ist, blickt das Stadttheater zurück auf die fast 70 Jahre dauernde Präsenz der US-Streitkräfte.

Zusammen mit der Costa Compagnie, einer Hamburger Künstlergruppe, hat man das Projekt „Conversion – Eine deutsch-amerikanische Cho-Geographie“ initiiert. Die auf zwei Jahre ausgerichtete Kooperation, die erst durch eine Förderung der Kulturstiftung des Bundes ermöglicht wurde, will mit Tanzaufführungen und Installationen die Präsenz des US-Militärs in Heidelberg aufarbeiten. Als Basis dienen Interviews, die von Mitgliedern der Costa Compagnie in Heidelberg, den USA und in Afghanistan durchgeführt wurden.

„Die zentrale Frage des Conversion-Projekts ist: Wie soll man erinnerungskulturell mit diesem historischen Umbruch umgehen?“ sagt Katharina Kellermann, die den Audiowalk konzipiert hat. Ihr war es wichtig, nicht nur die Heidelberger zu fragen, welche Erinnerungen sie an diese Zeit haben. Dieses Mal standen die Amerikaner im Vordergrund. Fast alle haben für einen gewisse Zeit auf den Militärflächen gelebt.

Zu Beginn der Audiotour erhält man einen MP3-Player, Kopfhörer und eine Karte, auf der die Route gekennzeichnet ist. Drückt man auf „Play“, ertönt der Pulsschlag. Amerikaner berichten über die Kirche, die man als erstes passiert, die Turnhalle, in der sie spielten. Dann gelangt man zum Krankenhaus. Die Sirene eines Krankenwagens erklingt. Doch auch eigene Wege sind möglich: Während über die Kopfhörer Protestsongs gegen den Vietnamkrieg laufen, kann man in die teilweise leer stehenden Kellergewölbe einzelner Baracken klettern.

So gelingt der Audiowalk vor allem deshalb, weil er eine perfekte Symbiose aus dem leerstehenden Gelände, den einzelnen Stationen und der durch die Natur hervorgerufenen Atmosphäre entwickelt. Nach zwanzig Minuten steht man vor einer freien Wiese, Lautsprecherboxen ragen aus dem Gras. Der Blick wendet sich nun nicht mehr zurück, sondern nach vorn: Soll es ein Denkmal geben, um an die amerikanische Präsenz zu erinnern? Die Antworten fallen unterschiedlich aus.

Die Denkmaldebatte spielt aber beim Conversion-Projekt nur am Rande eine Rolle. Zumindest die um ein festes, statisches. „Erinnerung sollte viel mehr als ein Moment der Teilhabe betrachtet werden. Und das Theater eignet sich da besonders gut. Erst durch das Zusammentreffen kann Erinnerung entstehen. Sie wird so zum Ereignis,“ sagt Felix Meyer-Christian, Gründer der costa compagnie, während einer Podiumsdiskussion im Theater Heidelberg.

An diesem Abend geht es vor allem darum, das Conversion-Projekt auch wissenschaftlich zu rechtfertigen. So sitzen neben Meyer-Christian und Kellermann auch drei Historiker auf dem Podium. Dürfen Theaterkünstler Geschichte schreiben? Eine Frage, die die anwesenden Historiker bejahen. „Die Geschichtswissenschaft sollte eine gewisse Offenheit gegenüber anderen Darbietungsformen zeigen,“ sagt Martin Klimke, Geschichtsprofessor an der New York University in Abu Dhabi. „Gerade das Conversion-Projekt mit seinen Zeitzeugengesprächen bietet da eine ganz hervorragende Plattform.“ Felix Meyer-Christian war selbst mit in den USA und hat die Gespräche geführt. Für ihn haben sich an vielen Stellen Parallelen in der Arbeit des Historikers und des Theaterkünstlers ergeben: „Bei der Auswertung der Interviews mussten wir uns von diesen Distanzieren und wurden dann aber gleichzeitig bei der Auswahl der Abschnitte wieder zu Akteuren. So stellten wir uns die Frage: Welche Erzählung entwirft man von Zeitgeschichte?“ Der Großteil der Interviews wurde dann nicht nur für den Audiowalk verwendet, sondern vor allem für die Tanzperformance „Conversion_1“, die dieser Tage in der Turnhalle des ehemaligen US-Hospital-Geländes aufgeführt wurde.

Beim Betreten der Halle herrscht zunächst Verwunderung: Bis auf ein paar Projektoren und Leinwände ist sie fast komplett leer. Wo sind die Stühle, wo ist die Bühne? Zumindest kleine Hocker werden auf einem Wagen angefahren. Als nach ein paar Minuten die ersten Zuschauer unruhig hin und her rutschen, erfolgt die erste Aufforderung, sich diagonal zur Turnhallenmarkierung zu platzieren. Es wird nicht die letzte Anweisung an diesem Abend sein. Die Aufführung bietet insgesamt eine atemberaubende Mischung aus Tanz, Musik und Video. Die geführten Interviews werden vorgelesen, auf Leinwänden gezeigt und tänzerisch umgesetzt. Der Fokus richtet sich dabei nicht mehr so sehr auf die Anwesenheit der Amerikaner in Heidelberg. Im Laufe des Abends wird auch immer wieder die amerikanische Militärpräsenz in Afghanistan und im Irak thematisiert.

Ist es dieser Aspekt, der einige Heidelberger nach etwa einer Stunde zum Verlassen der Halle treibt? Oder wohl doch eher die Anweisung, sich auf den Hallenboden zu legen? Nach kurzem Zögern folgen die meisten aber doch. Auf die untere Seite des Hallendachs werden Bilder einer kleinen Drohne projiziert, welche die Künstler in den USA und in Heidelberg aufgenommen haben. Am Ende steht man mitten in der Halle und ist umgeben von vier quadratisch von der Decke herunterhängenden weißen Vorhängen. Das Licht geht aus und dem Zuschauer bleibt nichts anderes übrig, als zu applaudieren.

Der Costa Compagnie und dem Theater ist es gelungen, die Heidelberger Geschichte der US-Streitkräfte der Öffentlichkeit wieder ins Gedächtnis zu bringen. Fortsetzung folgt: Im Oktober gibt es eine Wiederaufnahme des Stücks und des Audiowalks, im nächsten Jahr folgt „Conversion_2“. Dann geht es um Afghanistan. 

Gefördert im Fonds Doppelpass der

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