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Bilder aus Morgen

Ein Audiowalk auf dem US-Hospital-GelÀnde

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„Eine der ungewöhnlichsten Theaterproduktionen der letzten Jahre.“

Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014

Etwas passiert, zwischen dem, was erinnert und erzĂ€hlt wird, und dem, was verstanden ist. Zwischen dem, was gesehen, und dem, was geglaubt wird. Zwischen dem, was gehört, und dem, was lebhaft empfunden wird – zwischen einem Ereignis und seiner Interpretation.

Maya Schweizer „Texte zur Kunst“

Zwei Spielzeiten lang beschĂ€ftigen sich die interdisziplinĂ€r arbeitenden KĂŒnstlerInnen der costa compagnie mit dem Abzug der amerikanischen StreitkrĂ€fte aus Heidelberg. Im Rahmen dessen prĂ€sentieren sie einen Audiowalk auf dem ehemaligen KasernengelĂ€nde. Dieser basiert auf Interviews, die in den USA mit ehemals dort stationierten AmerikanerInnen gefĂŒhrt wurden. Aus deren Erinnerungen entsteht ein akustisches Wanderdenkmal, dessen Spuren an die Vergangenheit des Ortes erinnern und gleichermaßen seine zukĂŒnftige Umnutzung thematisieren.

Eine Vielheit von Stimmen erklingt auf dem GelĂ€nde, wĂ€hrend sich die BesucherInnen die FlĂ€che erlaufen können und gibt einen komplexen Einblick in die Geschichte des Ortes und seiner Menschen. Erinnerungen kehren zurĂŒck und O-Töne aus Zeitgeschichte und Ortsgeschichte werden zu Bildern aus Morgen.

VON UND MIT

Konzept und Realisation
Katharina Kellermann

Interviewleitung USA & Mitarbeit
Felix Meyer-Christian

InterviewfĂŒhrung USA & Stimme
Elena Nyffeler*

Weiter Stimmen
Lisa Förster*,Volker Muthmann*

Dramaturgie
Lene Grösch*, Strawrula Panagiotaki

Assistenz
Christina Baron

Produktionsleitung
Marlies Kink*

* MitarbeiterInnen des Theater und Orchester Heidelberg

Eröffnung | 13. Juni 2014 | 18 Uhr |

Weitere Walks

FR | 13. Juni 2014 | 19h & 20 Uhr

SA | 14. Juni 2014 | 12h & 13h & 14h & 15 Uhr

SO | 15. Juni 2014 | 12h & 13h & 14h & 15 Uhr

Wiederaufnahme im Rahmen des Festivals „Born with the USA“

03.-05. Oktober 2014

Ort:

Karlsruher Straße / Freiburger Straße, 69126 Heidelberg

Eingang am Checkpoint an der Freiburger Straße

Haltestelle Freiburger Straße; Straßenbahnlinien 23/24, Bus 33

PRESSE

Rhein-Neckar-Zeitung, 16.06.2014
http://www.rnz.de/heidelberg/00_20140616060000_110696358-Konversionsgeschichte-im-Gehen-Passt-gut-auf-d.html#ad-image-1

Konversionsgeschichte im Gehen: „Passt gut auf das GelĂ€nde auf“
Bei einer Audio-Tour ĂŒber das Hospital-GelĂ€nde hörten die Teilnehmer amerikanische Erinnerungen

Von Steffen Blatt

Das war eine der ungewöhnlichsten Theaterproduktionen der letzten Jahre: Im Auftrag der StĂ€dtischen BĂŒhne konzipierte die Hamburger ‚Costa Compagnie‘ eine Art Hörspiel, das am Freitagabend die Besucher ĂŒber das GelĂ€nde des ehemaligen US-Hospitals in Rohrbach fĂŒhrte
Der Andrang war groß, als das Hospital-GelĂ€nde in Rohrbach-SĂŒd am 15. November 2013 zum ersten Mal seit dem Abzug der US-Armee fĂŒr die Öffentlichkeit zugĂ€nglich war. Damals gab es FĂŒhrungen und Fakten. Am Wochenende konnten sich die Heidelberger dem Areal auf ganz andere Weise nĂ€hern – bei einer Audio-Tour, bei der Menschen erzĂ€hlten, die frĂŒher dort stationiert waren.

Die „Costa Compagnie“, ein KĂŒnstlerkollektiv aus Hamburg, setzt sich im Auftrag des Heidelberger Theaters mit dem Thema Konversion, also der Nachnutzung der ehemaligen US-FlĂ€chen, auseinander. Die Mitglieder sprachen mit ehemals in Heidelberg stationierten Soldaten und ihren Familien, mit hochrangigen MilitĂ€rs, Wissenschaftlern, Polit-Aktivisten, MilitĂ€rgeistlichen, flogen dafĂŒr eigens in die USA. Die Interviewten sprachen ĂŒber ihr Leben wĂ€hrend der US-MilitĂ€rzeit, ĂŒber Begegnungen mit der jeweils anderen Kultur, ĂŒber Skepsis und AnnĂ€herung. Die Recherche-Ergebnisse fließen in eine große AuffĂŒhrung ein, die unter dem Titel „Conversion_1“ im Juli in der Turnhalle auf dem Hospital-GelĂ€nde Premiere hat. Katharina Kellermann, die Audio-KĂŒnstlerin der „Costa Compagnie“, entwarf zusĂ€tzlich eine Audio-Tour, bei der die Besucher am Wochenende das Areal erkunden konnten. Dabei hörten sie Originaldokumente, Musik und KlĂ€nge – eine Art Hörspiel im Gehen.

Start ist am ehemaligen Checkpoint am Eingang des GelĂ€ndes. Jeder bekommt eine Karte, auf der die Route eingezeichnet ist, einen MP3-Player und einen Kopfhörer. Ein Druck auf „Start“, und es ist ein Pulsschlag zu hören. Dann erzĂ€hlen die Amerikaner, ĂŒber die Kirche gleich am Eingang, in der Katholiken, Protestanten und Juden ihre Gottesdienste feierten. Über die Turnhalle, wo man Gymnastik machte oder die Tochter vom Training abholte. Über das BĂŒro, in dem der Vater arbeitete. Einige wissen alles noch ganz genau, bei anderen sind die Erinnerungen verblasst. Englische und deutsche SĂ€tze der Sprecher verbinden collagenhaft die verschiedenen Statements, Soundeffekte machen sie greifbar: ein startendes Flugzeug, Kirchenglocken, die Sirene eines Krankenwagens, ein Basketball, der auf dem Turnhallenboden geprellt wird. Als es um Proteste der amerikanischen Soldaten gegen den Vietnamkrieg geht, wird der „I-Feel-Like-I’m-Fixin‘-To-Die-Rag“ von Country Joe McDonald eingespielt, ein zynischer Kommentar der Woodstock-Generation, den die GIs auch in Heidelberg hörten.

Und immer wieder der Pulsschlag, der die Tour weiterfĂŒhrt. Schritte auf schmutzigem Asphalt. Sind es die eigenen oder ist es ein Sound? Einen Effekt hatte die „Costa Compagnie“ mit Sicherheit nicht eingeplant: Der Wind, der ĂŒber das Hospital-GelĂ€nde streift, zieht an den Kopfhörern vorbei und erzeugt dieses typische Rauschen, das im Western Einsamkeit symbolisiert – Ă€ußerst passend zu dem verlassenen US-Army-StĂŒtzpunkt.

Die Statements werden politischer: Einer erzĂ€hlt vom Wandel der Amerikaner von Besatzern zu BeschĂŒtzern, vom US-MilitĂ€r in Deutschland als Außenposten gegen den Ostblock. „Und ab 1990 blieb das US-MilitĂ€r hier, weil es nĂ€her zum Mittleren Osten ist.“ So einfach kann es manchmal sein.

Nach knapp 21 Minuten ist Stille im Kopfhörer, die Teilnehmer stehen vor einer großen Wiese und schauen auf vier Lautsprecherboxen, die im hohen Gras stehen. Jetzt geht es um die Frage nach einem Denkmal, das die amerikanische PrĂ€senz in Heidelberg fassen könnte. Wie soll es aussehen, wo auf dem GelĂ€nde könnte es stehen? Die Antworten sind differenziert. Ein Denkmal soll zum Nachdenken anregen, dazu, sich mit Geschichte und unterschiedlichen Kulturen zu beschĂ€ftigen. „Nur das kann zukĂŒnftige Zerstörungen verhindern“, meint einer. Ein anderer findet, dass es genĂŒgen wĂŒrde, ein, zwei GebĂ€ude zu erhalten. Und zum Schluss hat ein GesprĂ€chspartner noch einen Auftrag fĂŒr die Heidelberger: „Passt gut auf das GelĂ€nde auf. Denn ich will eines Tages zurĂŒckkommen und selbst noch einmal drĂŒberlaufen.“

Gefördert im Fonds Doppelpass der 

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